Gymnasium Laucha Gymnasium Laucha: Die fliegenden Schüler im Unstruttal
Laucha/MZ. - Soviel Kontrast kommt unerwartet. Erst die Sicht auf Unstrut und rebenbesetzte Hänge, auf Fachwerk in verwinkelten Straßen nahe der Kaiserpfalz Ottos des Großen und des Fundortes der Himmelsscheibe und dann, am Rande des Städtchens im Burgenlandkreis, ein von Glas, Licht und Großzügigkeit dominierter Schulbau, dessen Foyer jedem Theater zur Ehre gereichen würde.
Bemerkenswert ist der Lernort von 775 Gymnasiasten aus 64 Orten aber nicht nur wegen des vor zehn Jahren bezogenen Domizils. Einzigartig ist, dass regionale Traditionen wie Weinbau und Luftsport das Schulprofil prägen. Schüler können zur Abiturausbildung "Luft- und Raumfahrt" als Wahlpflichtkurs belegen, Flugmodellbau, Fluggeschichte und Flieger-Englisch stehen auf dem Stundenplan. "Wir haben vom Kultusministerium die Genehmigung", so Schulleiter Jörg Däumer, "Segelflug als schulische Veranstaltung anzubieten".
"Wenn es Stürzi nicht gäbe, wäre ich nicht hier", betont Christin Kind. "Stürzi" heißt das Segelflugzeug vom Typ ASK 21, mit dem Schüler und Lehrer in die Luft gehen. Beste Bedingungen dafür bieten der nahe Flugplatz Laucha-Dorndorf und die enge Zusammenarbeit mit der Bundesbildungsstätte "Haus der Luftsportjugend". Christin träumt von einer beruflichen Zukunft als Pilotin. Deshalb wechselte sie vor eineinhalb Jahren von ihrer Schule im thüringischen Rudolstadt auf das Gymnasium Laucha und wohnt in Dorndorf zur Untermiete. Angeregt dazu wurde die 17-Jährige von ihrem Großvater. "Opa hat mir soviel von dem fliegenden Gymnasium erzählt, dass ich unbedingt hierher wollte".
Anfragen auswärtiger Schüler sind in Laucha keine Seltenheit. "Vor jedem neuen Schuljahr bekommen wir Zuschriften aus ganz Deutschland", erzählt Schulkoordinator Jens-Peter Jebsen, der neben Informatik und evangelischer Religion im Fach Luft- und Raumfahrt unterrichtet und auch selbst fliegt. Um die Beantwortung zu erleichtern, verschicke man mittlerweile einen Standardbrief, in dem über das schulische Pflichtprogramm und die luftsportliche Kür informiert wird. "Viele Wünsche, in Laucha lernen und fliegen zu können scheitern jedoch daran", so Jebsen, "dass wir kein Internat haben."
Martin Salzmann aus Laucha hatte da einen Heimvorteil. Allerdings sei die Fliegerei auch bei ihm ausschlaggebend für die Schulauswahl gewesen. Martin will noch vor den Sommerferien die Pilotenlizenz "PPL C" in den Händen halten. "Alle theoretischen Prüfungen sind bestanden, jetzt muss ich noch einen Streckenflug von 50 Kilometern absolvieren. Laucha-Nordhausen-Laucha ist mein Kurs." Dass Martin die Anforderungen bewältigt, "daran" so Heinz Olessak "habe ich keine Zweifel". Unter der Obhut des Leiters des "Hauses der Luftsportjugend" absolvieren rund 60 Mädchen und Jungen den praktischen Teil der Flugausbildung. Bevor sie mit ihrem Fluglehrer in die Luft gehen können, muss nicht nur die obligatorische Schulleistung stimmen, sondern auch viel Unterrichtsstoff in Flugphysik, Meteorologie, Navigation bis hin zum Luftrecht gebüffelt werden.
Sind alle Prüfungen bestanden, kann mit "Stürzis Rache" angestoßen werden, dem Hauswein des Gymnasiums. Der wächst auf dem kleinen Schulweinberg am Hotel "Edelacker" im benachbarten Freyburg. Rund 500 Quadratmeter groß ist die Anbaufläche, die nun schon im sechsten Jahr von den Schülern bewirtschaftet wird, die den Wahlpflichtkurs "Weinbau" belegen. War die erste Ernte mit zehn Kilogramm Portugieser und 20 Kilogramm Gutedel noch bescheiden, konnten zwei Jahre später mit 720 Kilogramm Trauben schon einige Flaschen mehr gefüllt und mit Etiketten versehen werden. Auf der Vorderseite jenes mit dem auf "Stürzi" fliegenden Weingott. Auf der Rückseite sind die drei Jahrgangsbesten der Schule seit 1997 verewigt, darunter Kati Hermann, die als erste mit dem Abitur in Laucha den Pilotenschein erwarb.