1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Görlitz: Görlitz: «Sie haben das Opfer für sein Leben geprägt»

Görlitz Görlitz: «Sie haben das Opfer für sein Leben geprägt»

11.07.2011, 20:31
Vor der Justizvollzugsanstalt im sächsischen Görlitz steht ein Einsatzfahrzeug der Polizei. (ARCHIV-FOTO: DPA)
Vor der Justizvollzugsanstalt im sächsischen Görlitz steht ein Einsatzfahrzeug der Polizei. (ARCHIV-FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

GÖRLITZ/DPA. - Die Strafkammer des Landgerichts sah es als erwiesen an, dass er einen Mithäftling rund sechs Stunden in seiner Gewalt gehalten und dabei bedroht hatte, um seine Auslieferung in sein Heimatland Polen zu verhindern. Die Kammer blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf achteinhalb Jahre plädiert hatte. Die Verteidigung hatte drei Jahre gefordert und kündigte Revision an.

Erhebliche Vorstrafen

Die Geiselnahme sei erwiesen, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Fresemann. Zu Gunsten des 33-Jährigen aber wertete die Kammer die Motive. Ihm sei es nicht um Vermögensvorteile gegangen, sondern er habe gegen die Entscheidung zur Auslieferung vorgehen wollen. Aus Sicht eines ausländischen Staatsbürgers, der sich mit diesen schwierigen Rechtsfragen konfrontiert sehe, "war dieser Irrtum schlüssig". Bei der Geiselnahme habe er Rücksicht auf Schmerzen des Opfers genommen.

Die Intensität und die Nachhaltigkeit der Tat, die Bedrohung des Opfers sowie der möglicherweise blutige Ausgang wirkten sich laut Fresemann hingegen strafverschärfend aus. Schwer wogen für die Richter ebenso die erheblichen Vorstrafen des Angeklagten. Der 33-Jährige war seit 1996 in Polen und Deutschland mehrfach wegen Raub, Körperverletzung und Vergewaltigung verurteilt worden. Ungeklärt blieb, woher er das zur Waffe umgebaute Feuerzeug hatte. "Er selbst hat dazu keine Angaben gemacht, wir gehen anhand einiger Indizien davon aus, dass er es in die Justizvollzugsanstalt geschmuggelt hat", sagte Fresemann.

Waffe an den Hals gehalten

"Wir haben es mit jemandem zu tun, der, wenn er etwas nicht bekommt, Gewalt anwendet", hatte Staatsanwalt Jörg Toschek zuvor in seinem Plädoyer gesagt. Obwohl seinen Forderungen nachgegeben worden sei, habe er seine Geisel über sechs Stunden in der Gewalt behalten, mit der Waffe am Hals nahe der Hauptschlagader. "Sie haben das Opfer für sein Leben geprägt."

Verteidigerin Jaskolski bestritt die Tat ihres Mandanten nicht. "Es war Unrecht, den Mann zu bedrohen." Sie kritisierte jedoch die chaotischen Verhältnisse und die Behörden, die die Tat in die Länge gezogen hätten. Durch das Ignorieren des rechtmäßigen Wunsches nach einem Telefonat mit seiner Anwältin sei ihr Mandant kurz vor der Auslieferung in eine ausweglose Situation gebracht worden.