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Gesundheit Gesundheit: Experte beklagt erheblichen Chirurgenmangel im Osten

23.09.2004, 06:35

Leipzig/Halle/dpa. - «Die Auswirkungen der Gesundheitsreform und die Probleme deschirurgischen Nachwuchses bekommen wir in den neuen Bundesländernbesonders stark zu spüren», sagte der Direktor der Universitätsklinikund Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie an derMedizinischen Fakultät Halle. Schon jetzt arbeiteten insbesondere inden Grenzregionen Mitteldeutschlands aus Mangel an eigenem Nachwuchsimmer mehr Kollegen aus Osteuropa. «Ausländische Ärzte brauchenzumeist Zeit, um sich hier einzuarbeiten. Das ist ein Nachteil fürdie Bevölkerung, der sich noch verstärken wird.»

Ein neues Arbeitszeitgesetz verschärfe die Probleme. «Es bestehenobjektiv Gefahren für die medizinische Versorgung, denen nicht durchpolitische Maßnahmen vorgebeugt wird», sagte Dralle. Die Befürchtungbezieht sich auf die Anrechnung der Bereitschaftsdienste auf dieArbeitszeit nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes. NachBerechnungen des Marburger Bundes würde seine Einführung inDeutschland 15 000 neue Klinikärzte erfordern. Inzwischen ist jedochein neuer Vorschlag der EU-Kommission in der Diskussion, nach dem nurdie mit Arbeit verbrachte Bereitschaftszeit angerechnet werden soll.

«Es stellt sich auch die Frage der Qualität der Chirurgen, da dieAusbildungszeit verkürzt wird. Wenn die Ausbildung schlechter wird,sind die Vorteile aus der Arbeitszeitverkürzung stark in Fragegestellt», sagte der Klinikchef.

Außerdem dürfen nach Ansicht Dralles die finanziellen Bedingungenfür klinisch tätige Chirurgen nicht weiter Schritt für Schrittschlechter werden. Mit der Reduzierung der Arbeitszeit seien Gehalts-und Honorarminderungen verbunden. Sie beliefen sich auf bis zu 25Prozent des Einkommens.

Chirurgen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt undThüringen treffen sich am Donnerstag in Leipzig zumMitteldeutschen Chirurgenkongress. Damit führen sie ihre bisherigenregionalen Kongresse zusammen. «Ein solcher Kongress gewinnt anNiveau und hat mehr Zuhörer», sagte der Präsident der DeutschenGesellschaft für Chirurgie, Matthias Rothmund. Zugleich forderte erseine Kollegen in den alten Bundesländern zur Nachahmung auf.

Zu den Themen gehören wissenschaftliche und berufspolitischeSchwerpunkte. Professor Henning Dralle von der halleschen Universitätsagte im Vorfeld des Kongresses, aus Mangel an Nachwuchs arbeitetenin den Grenzregionen immer mehr Kollegen aus Osteuropa. «DieAuswirkungen der Gesundheitsreform und die Probleme des chirurgischenNachwuchses bekommen wir in den neuen Bundesländern besonders starkzu spüren.»

Am Freitag ist die Gründung der MitteldeutschenChirurgenvereinigung geplant. Zunächst wollen sich die Vereinigungenvon Sachsen und Sachsen-Anhalt zusammenschließen. Die Chirurgen ausThüringen haben sich noch nicht auf eine Beteiligung festgelegt. Dermitteldeutsche Chirurgenkongress soll jedoch alle zwei Jahrestattfinden.