1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Ganztagsschule Reuden: Ganztagsschule Reuden: «Hier macht es einfach Spaß»

Ganztagsschule Reuden Ganztagsschule Reuden: «Hier macht es einfach Spaß»

Von Ernst Krziwanie 31.10.2003, 15:16

Reuden/MZ. - Nur acht Plätze sind besetzt, als der erste Schulbus fünf Minuten nach 13 Uhr in Richtung Ostrau über Alt-Tröglitz abfährt. "Um die Zeit sind's nie mehr", sagt Andy Orlamünde, der mit Patrick Schwarz vor der Sekundarschule Reuden (Burgenlandkreis) auf seinen Linienbus wartet. Warteschlangen gebe es erst nach 16 Uhr. "Das hier ist doch eine Ganztagsschule" betont Andy. Er nutze dieses Angebot allerdings nur donnerstags, "um die nächste Ausgabe der Schülerzeitung vorzubereiten."

Bildung, Erziehung, Freizeitgestaltung. "Auf diesen drei Säulen", erläutert Schulleiter Volkmar Würfel, " basiert unser Ganztagsangebot". Die Idee dazu sei vor drei Jahren im Lehrerkollegium entstanden. Um herauszufinden, wie der verlängerte Schultag mit dem Mix aus Lernen, Betreuung, Spiel und Spaß bei Schülern, Eltern und Lehrern ankommt, wurde zunächst ein Probejahr gestaltet. Alle zusätzlichen Stunden haben die Lehrer unbezahlt geleistet. Erst danach wurde die staatliche Anerkennung beantragt - als offene Ganztagsschule. Obwohl die, so Würfel, schwerer zu organisieren sei, als die so genannte gebundene Form (siehe Info-Kasten "Zwei Modelle"). In der ist vier Tagen in der Woche Nachmittags-Unterricht verbindlich. Bei der offenen Form entscheiden Freizeitangebote über die Akzeptanz.

An der scheint es in Reuden nicht zu mangeln, obwohl die Mädchen und Jungen aus rund 30 Ortschaften im Umkreis von 15 Kilometern kommen. " Von unseren 235 Schülerinnen und Schülern haben sich alle für wenigsten einen, die meisten jedoch für drei Nachmittage in der Schule eingetragen", sagt Matthias Brieger. Der 35-Jährige, der Wirtschaft, Technik und Geografie unterrichtet, koordiniert alle Freizeitaktivitäten. Die reichen von Kochen und Backen über Schultheater und Sport-Angebote bis zum kirchlichen Posaunenchor. Den größten Zulauf hat das Internet-Cafe. Weil es fast aus den Nähten platzt, soll ein zweites in der ehemaligen Hausmeister-Wohnung eingerichtet werden. Die Reudener Schule hofft nun, auch etwas von den 125,9 Millionen Euro abzubekommen, die das Bundesbildungsministerium bis 2007 für den Ausbau von Ganztagsangeboten in Sachsen-Anhalt bereit stellt.

Anträge können bis zum 31. Dezember bei den Landkreisen gestellt werden. Sie waren auch an der Erarbeitung einer Förderrichtlinie des Kultusministeriums beteiligt. Vorrangig gefördert werden Sekundarschulen. "Ich bin nicht daran interessiert", so Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos), "möglichst viele weitere Ganztagsvorhaben zu beginnen, sondern eine begrenzte Anzahl beispielhafter und origineller Projekte". Wichtig sei das pädagogische Konzept und ob die Angebote individuelle Förderung ermöglichen.

An der Reudener Ganztagsschule erwarten Viola Kanne und Kirsten Wendler am Nachmittag die Schüler zum Üben und Erledigen der Hausaufgaben. "Wenn ich mit dem Wissenskörbchen losziehe, komme ich mir vor wie Rotkäppchen", lacht Viola Kanne. Ihr Korb ist gefüllt mit Duden, Taschenrechner, Wörterbüchern, und allerlei Nachschlagewerken. "Leere Plätze", sagt Kirsten Wendler, "habe ich noch nicht erlebt. Vielleicht auch, weil wir nicht lernen, sondern auch mehr Zeit für die Sorgen und Probleme der Schüler haben." Wenn Stefan Riller wollte, könnte er auf die Schulnachmittage verzichten. Der 13-Jährige wohnt nur einen Kilometer entfernt, seine Mutter ist Hausfrau und könnte bei den Schulaufgaben helfen. Dass er dennoch bleibt, liege nicht nur am Internet-Cafe, in dem er mit Freunden surfen und spielen kann. "Hier macht es einfach mehr Spaß", begründet Stefan seine Entscheidung für die Ganztagsschule.