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Fußball-Europameisterschaft Fußball-Europameisterschaft: Tipp-Tipps vom «Torakel»

Von Steffen Könau 11.06.2004, 18:32

Wittenberg/MZ. - Zu guter Letzt ist ihm der Atem ausgegangen. Michael Michl, vom ersten Spieltag an Spitzenreiter des Fußball-Tippspiels beim TV-Sender MDR, machte auf den letzten Metern einer harten Saison schlapp. "Am vorletzten Spieltag habe ich sechs Punkte geholt, mein ärgster Verfolger 15", erinnert der Wittenberger sich zerknirscht. Sein schöner Vorsprung, über Monate ausgebaut, war dahin. "Ich konnte dann zwar noch mal kontern, aber ganz vor habe ich es nicht wieder geschafft."

Immerhin blieb Platz zwei für den 40-jährigen Schlosser, der damit rund 11 000 andere Tipper hinter sich ließ. Und das mit einer Souveränität, die aus Zahlen spricht: Michl, Ex-Mittelstürmer bei Blau-Weiß Nudersdorf und heute noch Torjäger bei den Alten Herren, weiß durchschnittlich bei zwei von drei Spielen vorher, wie der Sieger heißt. Und bei zwei von Sechsen vermag er sogar das exakte Ergebnis angeben - vor dem Anpfiff.

Das Geheimnis des "Torakels von Wittenberg" ist dabei eine fein abgestimmte "Kombination aus Bauchgefühl und Statistik", wie Michl beschreibt. "Natürlich verfolge ich den deutschen Fußball bis runter zur Oberliga", erklärt er, "und genauso die Meisterschaften in den anderen Ländern". Der Familienvater, der nebenher die D-Jugend von Grün-Weiß Piesteritz trainiert, in der auch Sohn Marcel spielt, weiß 20 Jahre nach seiner ersten Elferwette allerdings ganz genau: "Sicher ist im Fußball nur, dass gar nichts sicher ist."

Große Mannschaften, die jeder als Sieger sieht, stolpern öfter, als der Gelegenheits-Tipper glaubt. "Angeblich sichere Wetten mit niedrigen Gewinnquoten sind Dummenfang", warnt Michl. Weil entscheidend eben noch immer nicht ist, was die Papierform sagt. "Sondern was auf dem Platz passiert."

Auch bei der EM wird das so sein. Seit ein paar Tagen studiert Michael Michl denn auch schon mal Aufgebote, Länderspielbilanzen und Nachrichten über Knatsch und Formschwächen. Ehefrau Angela sieht es gelassen, weil ein Mann eben eine Aufgabe brauche. Und ihrer ahnt: "Man muss viel wissen, um am Ende den Bauch entscheiden zu lassen." Bei Michl passiert das kurz vor Toresschluss. Dann aber könne kommen was wolle, "ich ändere nichts mehr". Aus Erfahrung, denn "wenn ich es anders gemacht habe, war die Änderung garantiert total daneben." Also tippen - und durchhalten. "Man muss ein Gefühl dafür kriegen, wie der Trend läuft", sagt Michl, "dann weiß man, welcher Favorit kippt". In Portugal drohe das einigen. "Schon am Anfang werden etliche große Erwartungen enttäuscht werden", denkt Michl. "Der Druck auf die Favoriten ist ja riesig."

Deshalb glaubt der Hobbytrainer, dessen Verbandsliga-Jungen noch Chancen auf den Staffelsieg haben, auch nicht daran, "dass in Portugal zu Beginn Hurra-Fußball gespielt wird". In den ersten Spielen würden alle Teams versuchen, nur ja nicht zu verlieren. "Also gibt es die Unentschieden, die keiner tippt." Deutschland-Niederlande? Für Michl ein 0:0, von Taktik geprägt. "Die miesen Testspiele waren doch nicht regulär, sondern Pokern."

Trotzdem traut er Völlers Elf höchstens das Viertelfinale zu. "Zu viele Schwachstellen, zu viel Hoffnung auf den Mythos von der Turniermannschaft." Die Engländer? Beginnen stark und "schlagen sich dann wie immer selbst". Im Halbfinale stehen? Zweifellos Portugal, Frankreich, Italien und - Schweden, sagt Michael Michl. "Auf die Blau-Gelben setzt keiner einen Cent, dabei sind die bärenstark."

Nicht stark genug jedoch für den ganz großen Wurf, da legt sich Sachsen-Anhalts Tipp-König schon vor dem ersten Anpfiff fest. "Denn nach allem, was ich weiß", sagt Michael Michl, "holt Italien sich den Titel".