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Enttarnung des V-Mann "Corelli" Enttarnung des V-Mann "Corelli": Innenminister Holger Stahlknecht räumt Fehler ein

Von Hendrik Kranert-Rydzy 02.07.2015, 19:09
Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt, stellt den Verfassungsschutzbericht des Landes vor.
Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt, stellt den Verfassungsschutzbericht des Landes vor. dpa Lizenz

Magdeburg - Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat erstmals Fehler im Umgang mit der Enttarnung des V-Manns Thomas Richter alias „Corelli“ eingeräumt. Stahlknecht sagte am Donnerstag in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtages, dass es aus heutiger Sicht sinnvoll gewesen wäre, die PKK zeitnah über Nachfragen von Journalisten zu Richter und mit Journalisten geführte Hintergrundgespräche zu informieren. Dies teilte die Kommission nach ihrer geheimen Sitzung mit. Stahlknecht bestätigte dies auch gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung.

Dem aus Halle stammenden Neonazi Richter, der zwei Jahrzehnte für den Verfassungsschutz arbeitete, drohte im Sommer 2012 die Enttarnung. Richter erhielt daher Anfang September eine neue Identität, am 17. September wurde er vom Verfassungsschutz nach Großbritannien in Sicherheit gebracht. Am gleichen Tag hatte Stahlknecht Journalisten zu Hintergrundgesprächen gebeten.

In diesen lieferte Stahlknecht die ausstehende Bestätigung dafür, dass Richter und „Corelli“ identisch sind. Um das Leben des V-Mannes zu schützen, bat er um Stillschweigen. Gleichzeitig versuchte Stahlknecht, Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) und die Linke in Sachsen-Anhalt für die Enttarnung „Corellis“ verantwortlich zu machen. Die „Magdeburger Volksstimme“ berichtete am Folgetag entsprechend.

Der Sonderermittler des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, Jerzy Montag, der die Rolle „Corellis“ im Zusammenhang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) beleuchtete, kam zu dem Schluss: „Der Innenminister hat in einem Pressegespräch am Vormittag des 17. September 2012 die Pressevertreter darum gebeten, bei ihrer Berichterstattung darüber, ob oder dass der V-Mann Corelli identisch mit dem Neonazi Thomas Richter ist, behutsam vorzugehen, um den V-Mann nicht zu gefährden. Dies ist von den Journalisten mit hoher Wahrscheinlichkeit als eine Bestätigung ihrer Annahme gesehen worden.“ Stahlknecht erklärte am Donnerstag erneut, dass sein Agieren damals rechtmäßig gewesen sei. SPD, Grüne und Linke sehen das anders, deshalb gab es in dieser Woche bereits zwei Sondersitzungen der PKK und eine des Innenausschusses. Trotz des Einlenkens Stahlknechts scheint für die Kontrollkommission das Thema noch nicht beendet. Nach MZ-Informationen hält das Gremium weiter daran fest, Einsicht in die geheime Akte von Sonderermittler Montag zu nehmen.

Am Freitag beschäftigt sich der Landtag erstmals öffentlich mit den Vorgängen. „Ich sehe der Debatte gelassen entgegen“, so Stahlknecht, „da können wir unsere unterschiedlichen Positionen zu V-Leuten einmal darlegen.“ (mz)