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Dieskau Dieskau: Sägen für das Traumprojekt

Von Ernst Krziwanie 09.10.2005, 18:26

Dieskau/MZ. - So viel Leben war lange nicht im Schlosspark Dieskau. Schrille Töne von Motorsägen dringen aus dem Grün im Saalkreis. Unweit vom Schloss-Café bläst ein Schredder die Überreste einer wegen Krankheit gefällten Kastanie auf einen Lastwagen. Es wird gehackt, gegraben, verschnitten, gemäht und neu gepflanzt.

Aus mehreren Bundesländern waren am Wochenende rund 70 Helfer angereist, um der lange Zeit verwilderten Anlage Ursprünglichkeit zurückzugeben. Es sind Landschaftsgestalter, Denkmalpfleger und Freunde historischer Gärten, die am dritten Parkseminar des Tourismusprojekts "Gartenträume" (siehe Karte) teilnehmen.

"Auch in Dieskau verbinden wir Vorträge und Gedankenaustausch mit praktischer Landschaftsgestaltung, damit schützenswerte Naturdenkmale wieder ihre ursprüngliche Kontur erhalten", erläutert Felicitas Remmert vom Landesverein "Gartenträume" das emsige Treiben. "Nun erhält unser Park sein Gesicht zurück", freut sich Götz Meister. Er ist Vorsitzender des Fördervereins Park Dieskau und kümmert sich mit 45 Ehrenamtlichen seit Jahren um den Landschaftsgarten. Unterstützt wird der Verein von der Gemeinde Kabelsketal, dem Besitzer des Parks.

Schöpfer der Anlage war der einstige Kanzler der Universität Halle, Carl Christoph von Hoffmann (1735 - 1801). Er begann um 1778 das sumpfige Terrain im Tal des Flüsschens Reide nach dem Vorbild des Wörlitzer Parks in einen englischen Landschaftspark umzuwandeln, mit Kanälen, Teichanlagen, Orangerie, Badehäusern und einem chinesischen Teehaus. Von den Gebäuden ist nicht viel übrig. "Vielleicht entsteht ja aus der Ruine der Orangerie ein kleiner Laden, in dem es gärtnerische Souvenirs gibt", meint Christa Ringkamp. Die Architektin aus Berlin koordiniert das Netzwerk "Gartenträume", das als neues touristisches Markenzeichen Sachsen-Anhalts im April 2006 mit der Landesgartenschau in Wernigerode eröffnet werden soll.

Derweil legt Heike Mortell vom Landesamt für Denkmalpflege mit Helfern Reste des chinesischen Teehauses frei. Ziegelmehl soll die Bauumrisse erkennen lassen. In der alten Eiche daneben kreischt die Säge von Marco Wäldchen. Artistisch balanciert der Baumexperte aus Hessen von Ast zu Ast und befreit die Krone von totem Gehölz.

Damit die Sichtachse vom Teehaus zum Schloss wieder frei wird, müssen einige Eiben fallen. Hier hilft Karl Eisbein, der bei der Preußischen Stiftung Schlösser und Gärten für den historischen Park Potsdam-Babelsberg zuständig ist. Kirsten Fuß ist sogar vom Ostseebad Binz angereist. Beider Engagement wird besonders belohnt. Der Arbeitseinsatz beim Gartenseminar endet traditionell mit der Verleihung des "Goldenen Stiefels". In Dieskau werden abends sogar zwei vergeben - an Fuß und Eisbein.