Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Polizisten nach Tod von Oury Jalloh freigesprochen

Dessau-Roßlau/ddp. - DenPolizeibeamten waren Körperverletzung mit Todesfolge und fahrlässigeTötung vorgeworfen worden. Das Gericht konnte den Angeklagten keineVerfehlungen nachweisen und blieb mit seinem Urteil am Montag unterden Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Nach demUrteil kam es zu Tumulten im Gerichtssaal.
Der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone war am 7. Januar2005 bei einem Brand in seiner Zelle an den Folgen eines Hitzeschocksgestorben. Er soll die Matratze in seiner Zelle selbst angezündethaben, obwohl er an Händen und Beinen gefesselt war.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den angeklagten, seinerzeitdiensthabenden Polizisten eine Geldstrafe von 4800 Euro gefordert undauf Freispruch für den mitangeklagten Streifenpolizisten plädiert.Die Nebenklage, die die Eltern und den Bruder des Verstorbenenvertrat, hatte für den Dienstgruppenleiter wegen Körperverletzung mitTodesfolge eine Freiheitsstrafe gefordert, ohne ein Strafmaß zunennen. Die Verteidigung hatte für ihre Mandanten auf Freispruchplädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Nebenklagewill in Revision gehen, die Staatsanwaltschaft ließ ihre Entscheidungnoch offen.
Die Urteilsbegründung musste für eine halbe Stunde unterbrochenwerden, weil aufgebrachte Angehörige einer Initiative zum Gedenken anOury Jalloh im Verhandlungssaal die Richter beschimpften und auf sieeinstürmten. Die Schwarzafrikaner bezeichneten die Angeklagten als«Lügner und Mörder». Zwei der Protestierenden wurden des Saalsverwiesen. Auch vor dem Gerichtsgebäude kam es nach derUrteilsverkündung zu Tumulten zwischen afrikanischenProzessbeobachtern sowie Polizei und Justizbeamten. Dort hatten sichrund 50 Demonstranten der Initiative versammelt. Die Polizei riegeltedas Gerichtsgebäude ab.
Der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff sagte in derUrteilsbegründung, das Gericht sei aus Mangeln an Beweisenverpflichtet gewesen, den Prozess zu Ende zu bringen. Trotzintensiver Bemühungen aller Prozessbeteiligten in den vergangenenfast 60 Verhandlungstagen habe keine Chance bestanden, denSachverhalt aufzuklären. Die als Zeugen geladenen Polizisten hättenwidersprüchliche Aussagen abgegeben, das habe die Aufklärungunmöglich gemacht. Damit sei der Rechtsstaatlichkeit des Landes aufsÜbelste geschadet worden.
Innenminister Holger Hövelmann (SPD) zeigte sich beschämt, dassein Mensch in der Obhut der Polizei einen so schrecklichen Todgestorben ist. Die Polizei habe mit der Überarbeitung derGewahrsamsordnung Konsequenzen gezogen, damit sich ein solcherVorfall nicht wiederholen könne. Die Polizei werde weitereKonsequenzen ziehen mit Disziplinarverfahren gegen die betroffenenPolizeibeamten, die bislang für die Dauer des Strafverfahrens ruhten.
Der Grünen-Landesvorsitzende Christoph Erdmenger forderteMinisterpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) und Innenminister HolgerHövelmann (SPD) auf, der Familie von Oury Jalloh ihr Bedauernauszudrücken. Die innenpolitische Sprecherin der Links-Fraktion,Gudrun Tiedge, und der Linke-Landeschef Matthias Höhn sagten, die vomLandgericht getroffene Entscheidung sei zu respektieren, auch wennsie großes Unverständnis auslöse. Ebenso seien die Reaktionenverständlich, in der Wut und Enttäuschung sowie das Unverständnis derFamilie des Opfers zum Ausdruck kämen.

