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DDR-Geschichte DDR-Geschichte: Kalaschnikow mit an Bord

Von Sophia-Caroline Kosel 17.11.2009, 16:50
Ein ehemaliger Protokollbus des ZK (Zentralkomitee) der SED auf dem Gelände eines Busunternehmens in Salzfurtkapelle (Zörbig). (FOTO: DPA)
Ein ehemaliger Protokollbus des ZK (Zentralkomitee) der SED auf dem Gelände eines Busunternehmens in Salzfurtkapelle (Zörbig). (FOTO: DPA) dpa

Zörbig/dpa. - Im rot-gelben Ikarus 250 gab es deutlich mehr Luxus, alssich der durchschnittliche DDR-Bürger auch nur erträumen konnte. Mit dem Protokoll-Bus des ZK der SED, Erstzulassung 1984, reisten die DDR-Oberen ab und an durchs Land. Mit dem Fall der Mauer verlor des Spezialgefährt seine Bestimmung. Doch noch immer ist es im Einsatz. Das Busunternehmen Vetter mit Sitz in Zörbig in Sachsen-Anhalt hat das Relikt aus alten Zeiten gekauft - und bietet Sonderfahrten an.

Während die einst mächtigen Stammpassagiere längst von einerdemokratischen Regierung abgelöst wurden und teils schon seit Jahren tot sind, sieht es in dem Oldtimer mit dem einprägsamen Kennzeichen ABI-ZK-89 noch aus wie einst: Den Fußboden bedeckt ein knallroter Belag, die 16 Polster-Drehsessel in der gleichen Farbe haben am Rande edle kleine Holzbrettchen zum Hochklappen. Während die roten Vorhänge neugierige Blicke in den Regierungsbus verhinderten, entging den Insassen nichts vom Geschehen draußen: Es gab eine Außenkamera und zwei Monitore hinter der Fahrerkabine. Die Kamera ist allerdings jetzt nicht mehr am Bus.

«Innen haben wir aber nichts verändert», berichtet Birgit Vetter, Geschäftsführerin von Vetter Touristik. «Der Bus wurde sehr wenig benutzt.» Das seit 1946 - also schon lange vor Gründung der DDR - bestehende mittelständische Familienunternehmen kam durch einen Zufall zu dem auffälligen Fahrzeug, auf dem noch immer das Hammer-Zirkel-Ährenkranz-Emblem prangt. «Ein Mitarbeiter hat ihn vor einigenJahren im Autohandel in Halle stehen sehen», sagt Vetter.

Nach Angaben der neuen Besitzer wurde der Bus zwischen 1984 und1989 vorwiegend bei Jagdausflügen von Mitgliedern des Zentralkomitees der SED und für «Fahrten ranghöchster Ehrengäste» wie Fidel Castro oder Michail Gorbatschow eingesetzt. «Der Normalsterbliche kam da nicht rein», sagt Vetter. Der Luxus-Ikarus mit Klimaanlage und Reichsbahn-Toilette an Bord konnte mehr als 100 Stundenkilometerfahren. «Er liegt sehr gut auf der Straße», schwärmt Fahrer RenéTrenkler, der nun regelmäßig am Steuer sitzt und zum BeispielGeburtstagsgesellschaften oder Firmenausflügler durch Sachsen-Anhalt chauffiert.

Noch immer werden die Fahrgäste von Erich Honecker beobachtet,dessen Porträt noch immer seinen festen Platz hinter der Fahrerkabine hat. Als der Vorsitzende des ZK der SED und des DDR-Staatsrates noch selbst mitfuhr, konnte er von einem besonderen Service profitieren: An seinem beheizbaren Drehsessel zeigte ein Thermometer an, wie warm es sich sitzt.

Busfahrer Rene Trenkler zeigt eine russische Gewehrattrappe. (FOTO: DPA)
Busfahrer Rene Trenkler zeigt eine russische Gewehrattrappe. (FOTO: DPA)
dpa