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Zweiter Weltkrieg  Zweiter Weltkrieg : Die Helden von damals

Von Michael Heise 10.01.2017, 09:46
Saalebrücke in Bad Kösen
Saalebrücke in Bad Kösen Archiv

Bad Kösen - Wer hat am Ende des Zweiten Weltkrieges die Sprengung der Saalebrücke in Bad Kösen verhindert? Karl Kathe oder Paul Hein? Oder beide? In der Kurstadt hat jetzt ein altes Thema neue Aufmerksamkeit bekommen - ausgelöst durch eine „zementierte“ Tatsachenbehauptung: der Schmiedemeister Karl Kathe ist der Retter der heutigen „Brücke der Einheit“. Er durchtrennte mit einer Kombizange das Hauptkabel zur Sprengladung. Eine im September 2005 an der Brücke eingeweihte Tafel würdigt das - und ist seitdem Stein des Anstoßes für die Nachfahren des Paul Hein. Sie berufen sich auf Aufzeichnungen des Vaters, unter anderem erschienen 1969 im DDR-Militärverlag.

Bereits kurz nach Anbringen der Kathe-Tafel vor elf Jahren, initiiert durch dessen Familie, hatte der Sohn von Paul Hein, Norbert, heftig Widerspruch angemeldet und gefordert, die Brücken-Rettung müsse mindestens ebenso seinem Vater zugesprochen werden. Passiert ist das öffentlich seitdem nicht, was nun dessen Schwester Ute Glaser aus Naumburg veranlasst, dem Nachdruck zu verleihen. „Wir streiten nicht ab, dass es möglicherweise auch Karl Kathe war, der die Brücke gerettet hat. Doch unser Vater tat es ebenso. Wir wollen, dass beide Namen an der Brücke auftauchen“, sagt sie gegenüber unserer Zeitung.

Vor einigen Wochen köchelte das Thema bereits unterschwellig, als Ute Glaser damit an Ortsbürgermeister Holger Fritzsche herantrat mit der Folge, dass dieser die Kathe-Tafel demontieren ließ. Sein Ansinnen: den Namen Paul Heins hinzuzufügen. Ein Vorhaben, dass bei den Nachfahren Karl Kathes naturgemäß auf wenig Gegenliebe stieß, nicht zuletzt, weil sie die Tafel finanziert hatten. Fritzsche schraubte diese daraufhin unverändert wieder an und signalisierte der Hein’schen Familie, sie möge sich mit der von Kathe in Verbindung setzen. Option könne sein, eine zweite Tafel anzubringen. Dabei ist es bislang geblieben. „Ich habe dem Thema nicht so große Bedeutung beigemessen, da es aus meiner Sicht keine belegbaren Beweise für die Tat Paul Heins gibt“, glaubt Fritzsche.

Schützenhilfe bekommt er durch den ausgewiesenen Militärhistoriker Jürgen Möller, der unter anderem für den Verlag Rockstuhl in Bad Langensalza publiziert und dort in seinem Buch „Das Kriegsende an Saale-Unstrut“ auch die Geschehnisse in Bad Kösen beleuchtet. „Meine Recherchen haben ergeben, dass es zu keiner Sprengung der Bad Kösener Brücke gekommen wäre, da die Amerikaner in den Apriltagen 1945 wider Erwarten schnell von Süden her auf Bad Kösen marschiert sind und Wehrmacht oder Volkssturm das Feld geräumt hatten. Kurzum, die Sprengung war zwar vorbereitet, es gab aber niemanden, der sie hätte durchführen können“, so Möller, der in seinem Buch aber auch Karl Kathe benennt. „Er hat die Kabel durchtrennt, was mutig war, aber nicht mehr von Belang.“ Dass (auch) Paul Hein Anteil an der Brücken-Rettung gehabt hat, in dem er den für die Sprengung zuständigen Offizier überzeugt haben soll, die Kabel falsch anzuschließen, hält er für äußerst fragwürdig. „Es gibt dafür tatsächlich keine belastbaren Dokumente. Die Veröffentlichungen im DDR-Militärverlag sind es schon gar nicht“, so Möller unter Verweis auf vielfach erfolgte geschichtsverfälschende Darstellungen. Der Historiker: „Es musste nach Lesart der SED ein Antifaschist gewesen sein, dem eine solche Heldentat zugeschrieben werden kann. Hein war wohl einer, Kathe nicht.“

Eine 2005 eingeweihte Tafel weist darauf hin - hier mit Martin Kathe und dem damaligen Bürgermeister Christoph Emus -, dass Karl Kathe die Brücke vor der Sprengung bewahrt hat. 
Eine 2005 eingeweihte Tafel weist darauf hin - hier mit Martin Kathe und dem damaligen Bürgermeister Christoph Emus -, dass Karl Kathe die Brücke vor der Sprengung bewahrt hat. 
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Nachfahren von Paul Hein, hier dessen Sohn Norbert, behaupten, auch ihr Vater habe die Brücken-Sprengung verhindert und fordern eine  öffentliche Würdigung.
Nachfahren von Paul Hein, hier dessen Sohn Norbert, behaupten, auch ihr Vater habe die Brücken-Sprengung verhindert und fordern eine  öffentliche Würdigung.
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