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Kommentar zur Pflege von Kriegsgräbern Die Geschichten der Toten

Warum der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 80 Jahre nach Kriegsende wichtiger ist denn je.

Von Alexander Schierholz 06.05.2025, 18:00
So lange bewaffnete Konflikte immer neue Tote fordern, wird die Bildungsarbeit der Kriegsgräberfürsorge gebraucht, meint unser Kommentator.
So lange bewaffnete Konflikte immer neue Tote fordern, wird die Bildungsarbeit der Kriegsgräberfürsorge gebraucht, meint unser Kommentator. (Foto: MZ / Stedtler)

Halle/MZ - Der Wahlspruch des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge lautet „Gemeinsam für den Frieden“. Wann wäre das aktueller als jetzt, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, da in vielen Regionen immer neue Kriegstote zu beklagen sind.

Auch in Europa, wo im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine täglich Menschen ihr Leben lassen. Wo der neue Krieg den alten überlagert und zuweilen dessen Spuren freilegt, wie in der Ukraine, wo Soldaten beim Ausheben von Schützengräben auf Gebeine deutscher Wehrmachtsangehöriger stießen in blutgetränkter Erde.

In der Arbeit der Kriegsgräberfürsorge liegt eine Mahnung

„Gemeinsam für den Frieden.“ Man mag das für naiv halten, denn nach Frieden sieht es gerade nicht aus, nicht in der Ukraine, nicht im Nahen Osten. Man mag den Volksbund auch für rückwärtsgewandt halten, gar für ewiggestrig. Und ja, es ist heikel, sich als deutsche Organisation um die Gräber deutscher Soldaten im Ausland zu kümmern, Soldaten, die in einem mörderischen Krieg viel Schuld auf sich geladen haben und an entsetzlichen Verbrechen beteiligt waren. Immer lugt da der Vorwurf der Verharmlosung um die Ecke.

Das aber wird dem komplexen Thema nicht gerecht. Der Kriegsgräberfürsorge liegt längst nicht nur an deutschen Soldaten, sondern an allen Opfern von Kriegen. Sie fragt nicht nach Schuld, sondern nach Menschlichkeit und Würde über den Tod hinaus.

Darin liegt eine Mahnung, die sich nur begreifen lässt, wenn die Toten ihre Geschichten erzählen – die Gräber zum Sprechen bringen, wie es Sachsen-Anhalts Volksbund-Landesgeschäftsführer Jan Scherschmidt nennt. Jugendliche über die Auseinandersetzung mit Leid und Tod einander näher zu bringen und sie so zu sensibilisieren für ein „Nie wieder“, das ist eine sehr spezielle Form von Bildungsarbeit. Aber so lange bewaffnete Konflikte immer neue Tote fordern, wird sie gebraucht, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr denn je.