Zwangsräumung bei Reichsbürger Adrian Ursache Zwangsräumung bei Reichsbürger Adrian Ursache: Reuden ein Jahr nach den Schüssen

Reuden/Halle - Ein riesiges Polizeiaufgebot, Schüsse und ein schwer verletzter ehemaliger Schönheitskönig: Auf den Tag genau vor einem Jahr eskalierte in Reuden die Zwangsräumung des einstigen Hauses von Ex-Mr.-Germany Adrian Ursache. Ursache, damals 41 Jahre alt, soll das Feuer auf Polizisten eröffnet haben und wurde von Kugeln niedergestreckt. Vorübergehend, so hieß es aus der Uniklinik Leipzig, schwebte er in Lebensgefahr.
Der Vorfall vor einem Jahr brachte Reuden deutschlandweit in die Medien und ins Gespräch. Zeiten, an die man sich in dem Ort an der Bundesstraße 2 offenbar nicht sonderlich gern erinnert. Das Leben im Dorf, so bestätigte aber eine Reihe von Einwohnern, mit denen die MZ Donnerstag ins Gespräch kam, hätten die Ereignisse aber nicht nachhaltig verändert.
Adrian Ursache ein Anhänger der Reichsbürgerszene
Das Leben gehe weiter wie eh und je. Im vergangenen Herbst hieß es zwar, man sei im Ort vorsichtiger und zurückhaltender gegenüber Fremden geworden. Davon ist jetzt nichts mehr zu hören. Die Scheu rührte daher, das Ursache Anhänger der Reichsbürgerszene ist. Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik als Staat nicht an. Und als für den 24. August 2016 die Zwangsräumung angekündigt war, hatte Ursache Sympathisanten um sich geschart. Der Gerichtsvollzieher zog unverrichteter Dinge ab.
Einen Tag später kam er zurück: Da Ursache längst als gewaltbereit eingestuft war, im Schutze von zwei Hundertschaften der Polizei. Sympathisanten von Ursache waren immer noch vor Ort.
Selten wird in Reuden über den Fall Adrian Ursache gesprochen
Gesprochen werde im Ort nur noch selten über den Fall. Und wenn, dann vor allem dann, wenn sich Medien noch einmal des Themas Adrian Ursache annehmen. Oder wenn Journalisten vor Ort Fragen stellen. Namen zu nennen, damit halten sich die Reudener aber zurück. Den am 9. Oktober beginnenden Prozess werde man aber verfolgen, hieß es aus vielen Mündern. Einige intensiv, andere sporadisch. „Den sollen sie richtig verknacken“, sagt eine Frau.
„Ich werde den Prozess so gut es geht verfolgen“, sagt eine andere. Sie wolle ja schließlich wissen „wie und was und warum und weshalb“ das alles geschehen ist. Gegen Ursache wird nun unter anderem wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes verhandelt. Aus jetziger Sicht, so heißt es aus dem Landgericht Halle, droht ihm eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
Gerichtsvollzieherder Zwangsräumung in Reuden steht heute noch unter Polizeischutz
Der Gerichtsvollzieher, der mit der Zwangsräumung beauftragt war, steht heute noch unter Polizeischutz. Gegen ihn gab es damals Morddrohungen. Ursache selbst sitzt derzeit in einem Gefängnis in Halle. Aktuelle Informationen über ihn waren trotz Anfrage nicht zu bekommen. Das wolle er nicht, hieß es.
Am Amtsgericht in Zeitz werden Haus und Grundstück der Familie von Adrian Ursache in der Alten Poststraße von Reuden zwangsversteigert. Die Versteigerung gelingt, das Haus bekommt einen neuen Eigentümer.
Weil sich der Gerichtsvollzieher zur Zwangsräumung angekündigt hat, mobilisiert Adrian Ursache, der selbsternannte Gründer des Phantasiestaates Ur, Unterstützer. Es kommt zu einem Massenauflauf vor seinem Haus in Reuden. Die Zwangsräumung des Gebäudes findet nicht statt.
Der Gerichtsvollzieher rückt am Morgen erneut in Reuden an. Diesmal wird er von zwei Hundertschaften der Polizei begleitet. Das Haus wird geräumt. Allerdings eskaliert die Situation. Ursache tritt Beamten des Sondereinsatzkommandos mit einer Waffe entgegen und soll das Feuer eröffnet haben. Aus Reihen der Polizei wird geschossen, Ursache verletzt.
Adrian Ursache wird von der Uniklinik zunächst in das Leipziger Haftkrankenhaus verlegt.
Behörden werten die Schüsse auf einen Polizisten bei der Zwangsräumung auf dem Grundstück von Adrian Ursache als eine politische Straftat. Sie sprechen von einem rechtsextrem motivierten, versuchten Totschlag, so geht es aus einem Schreiben des Innenministeriums hervor.
Adrian Ursache wird vom Leipziger Haftkrankenhaus in die Justizvollzugsanstalt Roter Ochse in Halle verlegt.
Die Staatsanwaltschaft hat ihre Anklageschrift gegen Adrian Ursache geschrieben. Sie wird an das Landgericht Halle gesandt.
Das Landgericht Halle bestätigt, dass Ursache wegen versuchten Mordes, in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Verstößen gegen das Waffengesetz angeklagt wird.
Am Landgericht Halle soll der erste Verhandlungstag gegen Ursache beginnen.
Dort, wo sich die Geschehnisse vor einem Jahr abgespielt haben, ist immer noch rot-weißes Flatterband der Polizei um einen ramponierten Zaun gelegt. In das Haus, das Ursache und seine Familie aufgrund unbezahlter Rechnungen verlassen mussten, scheint wieder Leben eingezogen zu sein. An der Klingel und am Briefkasten sind neue Namen zu lesen. An einigen Fenstern sind Rollos herabgelassen, ein anderes Fenster ist leicht angekippt. Nach Druck auf den Klingelknopf öffnet allerdings niemand die Tür. (mz)
