Winzervereinigung Freyburg Winzervereinigung Freyburg: Aus der Not zur Erfolgsstory

Freyburg - Vor 85 Jahren haben 27 Winzer in Freyburg-Unstrut den Entschluss gefasst, künftig gemeinsam den Weinbau an Saale-Unstrut zu fördern. Die Winzervereinigung Freyburg-Unstrut wurde gegründet und der drohende Niedergang der traditionsreichen Rebkultur in Mitteldeutschland gestoppt. „Aus der Notgemeinschaft von einst ist längst eine erfolgreiche Genossenschaft gewachsen“, beschreibt Siegfried Boy die Erfolgsgeschichte der Gemeinschaft.
Der 85. Geburtstag der Winzervereinigung wurde am Sonnabendabend mit einer Festveranstaltung gewürdigt. Aufgrund der Vielzahl der Teilnehmer fand sie im Lichthof der Sektkellerei statt. Dabei rechnete der Vorstandsvorsitzende vor, dass allein in den letzten zehn Jahren 24 Millionen Liter Wein nicht nur erzeugt, sondern auch verkauft werden konnten: bundesweit sowie in Kanada, China und Russland.
Trauben von hoher Qualität
Den Grundstock dazu legen tagtäglich die Mitglieder. Sie sorgen für eine hohe Qualität der Trauben und deren wachsende Akzeptanz. Ebenso sind sie als Landschaftspfleger aktiv. Die für Saale-Unstrut so typischen Weinbergsterrassen bleiben so erhalten, nicht zuletzt deswegen, „weil die Winzervereinigung mit einem speziellen Zuschlag die Arbeit in den Steillagen seit Jahren fördert“, wie sie in einer Pressemitteilung unterstreicht. Und mehr und mehr, so Boy weiter, entwickle sich der Weinbauer auch zum Tourismus-Experten. „Heute verstehen wir uns als größter Weinproduzent Mitteldeutschlands eben nicht nur als verlässliche wirtschaftliche Gemeinschaft. Wir übernehmen gesellschaftliche Verantwortung für unsere Region, sorgen mit für eine zeitgemäße touristische Infrastruktur.“ Der noch junge genossenschaftseigene Veranstaltungs- und Verkostungsbereich „Anisium“ in Freyburg sei dafür Beleg. Immerhin habe die Genossenschaft allein hier - mit Unterstützung des Landes - 2,3 Millionen Euro investiert. Die Gründung der Genossenschaft vor 85 Jahren sei deshalb ein Glücksfall für die gesamte Region gewesen.
Das konnte Henning Ehlers, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes, in seinem Grußwort nur bestätigen: „Genossenschaften sind deshalb so erfolgreich, weil Menschen mit ganz unterschiedlichen Talenten zusammenkommen und einer für den anderen einsteht, ohne dass sie sich von den Bedingungen des Marktes verabschieden. Heute sind Genossenschaften wie die Winzervereinigung Freyburg-Unstrut ein großer Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum und wichtige Arbeitgeber. Sie engagieren sich regional ebenso wie auf weltweiten Märkten.“
Ministerin würdigt Arbeit
In ihrem Grußwort an die Genossenschaft hob Claudia Dalbert, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt, hervor, dass die Winzervereinigung zu den besten Weinerzeugern in Deutschland gehöre. „Auf diesen Erfolg kann sie stolz sein. Sie produziert Wein von höchster Qualität. Die Winzer gehen sehr verantwortungsbewusst mit der Kulturlandschaft hier an Saale und Unstrut um“, so die Ministerin.
Zu den Meilensteinen des vergangenen Jahrzehnts zählt Geschäftsführer Hans Albrecht Zieger die Qualitätsoffensive in den Weinbergen und im Keller. So bekommen die Moste aus ausgewählten Lagen eine Sonderbehandlung und präsentieren sich als Lagenweine. Eine neue Ausstattung für Gastronomie und Fachhandel sorgt für eine unverwechselbare Präsentation.
Kleinwinzer ohne Nachfolger
Die Zukunft jedoch sei alles anderer als ein Selbstläufer. So sei der anstehende Generationswechsel in vielen Mitgliedsfamilien nicht mehr selbstverständlich, legte Aufsichtsratsvorsitzender Andreas Silbersack den Finger auf eine wunde Stelle. „Die mobile Gesellschaft macht auch vor dem Weinbau nicht halt, längst sind Familien auch an Saale und Unstrut häufig geografisch getrennt. Die schöne, aber ebenso körperlich anstrengende Arbeit im Weinberg passt zudem weniger ins Freizeitbild der kommenden Generationen. Das spürt die Genossenschaft, die dadurch vor allem bei den Kleinwinzern immer wieder an Flächen verliert.“
Allerdings sorgt auch die Natur für genügend Herausforderungen. Geschäftsführer Hans Albrecht Zieger verwies auf den spürbaren Klimawandel in der Weinregion. Mehr Sonne fördere zwar die Zuckerproduktion in den Trauben, lasse jedoch auf der anderen Seite die Alkoholwerte steigen. Und: Es werde nicht nur wärmer, sondern auch trockener.
„Ohne Wasser kein Wein“, brachte es der Geschäftsführer auf den Punkt und markierte damit eine Aufgabe der nächsten Jahre. Immer mehr Anlagen werden deshalb mit zusätzlichen Bewässerungen ausgestattet. Allerdings benötigten die Winzer dafür mehr Unterstützung. (ag)