1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Wenzelskirche: Wenzelskirche: Berührend weil sinnlich

Wenzelskirche Wenzelskirche: Berührend weil sinnlich

Von Constanze Matthes 31.05.2016, 08:36
Skulpturen zum Anfassen: Walter Green aus Mecklenburg zeigt in der Naumburger Wenzelskirche seine Arbeiten.
Skulpturen zum Anfassen: Walter Green aus Mecklenburg zeigt in der Naumburger Wenzelskirche seine Arbeiten. Biel

Naumburg - Bereits vor der Vernissage am Sonntagmittag in der Naumburger Stadtkirche St. Wenzel hat ein Eintrag den Weg ins Gästebuch gefunden. „Sehr beeindruckende, bewegende, anrührende Skulpturen“, heißt es da. Kunst, wie sie im besten Fall sein soll, hat der Mecklenburger Walter Green auf einem Lastwagen aus seinem Heimatort Klein Rünz in die Domstadt gebracht. Das Besondere an einem Großteil der Werke: Das Holz als Material stammt von Balken aus Abrisshäusern. Die Jahre und die Bearbeitung haben teils tiefe Spuren hinterlassen. Einige Arbeiten sind sogar übersät mit Löchern von Holzwürmern. „Dieses Holz hat weiterhin seinen Wert. Es liegt so viel Ernsthaftigkeit im Tun der damaligen Handwerker, dass es mir wehtut, dass nach der Arbeit des Abrissbaggers das Material vernichtet wird“, erklärte Green, der mit seiner Frau Maria zur Eröffnung gekommen war.

Nahezu jede Skulptur fordert den Besucher heraus: „Bitte berühren“ ist auf Schildern zu lesen, die jeweils Namen des Kunstwerks und Material benennen und auf einem Ziegelstein befestigt sind. „Die Kunstwerke sind ja auch durch die Hände gemacht worden. Die Arbeiten bekommen erst durch die Besucher ihren Abschluss, weil sie dann berührt und poliert werden“, sagte der Norddeutsche. Eine kleine Ausnahme bildet eine Gruppe, die an einigen Stellen mit Blattgold verziert worden ist. Es sind Könige - trotz der Schäden, aber durch die besondere Bearbeitung und das Auftragen des Edelmetalls von majestätischer Erscheinung. Viele der Figuren sind von schmaler Gestalt. Das Werk „Gaia“, die Mutter des Irdischen, ist dagegen recht proper und stämmig. Während die meisten ausgestellten Werke aus Eichenholz bestehen, verarbeitete Green hier eine Dalbe aus dem Holz einer Douglasie, inklusive Bohrmuschelgänge. Zwei Bronzeguss-Arbeiten sind ebenfalls Teil der Ausstellung.

Doch der Künstler will nicht nur direkt mit den Formen und dem Material, das er mit Hammer und einem scharfen Eisen bearbeitet hat, den Betrachter anregen. Jedes seiner Werke verweist mit seinem poetischen Titel auf ein Zitat aus einen Choral oder einen Psalm.

Hoch über der Exposition schwebt das Schiff vom Künstler Roland Lindner, das nach seiner Ausstellung im vergangenen Jahr im Gotteshaus verblieben ist (wir berichteten bereits). Der Hollsteitzer zählte zu den zahlreichen Gästen der Vernissage. „Ich kenne die Arbeiten von Walter Green von früheren Ausstellungen. Ich wollte ihn nun einfach mal persönlich kennenlernen“, erzählte Lindner, der sich begeistert zeigte von der aktuellen Schau: „Die Werke haben eine starke Aussage“.

Die Skulpturen vorwiegend aus Holz von Abrisshäusern laden ein, Kunst mit den Sinnen wahrzunehmen. Das Blattgold darf indes nicht berührt werden.
Die Skulpturen vorwiegend aus Holz von Abrisshäusern laden ein, Kunst mit den Sinnen wahrzunehmen. Das Blattgold darf indes nicht berührt werden.
Biel