Travestie Travestie : Eine Frau als Alter Ego

Hamburg/naumburg - Zwei Stunden kann es schon einmal dauern, bis aus dem jungen Mann Christian Feder die fesche Frau Fanny Funtastic wird. Vom Rasieren, dem Make-up bis zur Verkleidung und zur Perücke. „Schon allein das Wegkleben der Augenbrauen ist eine Wissenschaft für sich“, sagt der 28-Jährige.
Der gebürtige Naumburger ist ein Travestie-Künstler, geübt in der Verwandlung und im Hamburger Stadtteil St. Pauli längst bekannt. Im Travestie-Nachwuchswettbewerb im Pulverfass- Cabaret schaffte er den Sprung auf das höchste Treppchen. Seit Mai vergangenen Jahres tritt er regelmäßig in der Olivia-Jones-Bar auf der Großen Freiheit auf. In Verkleidung führt er Gäste der Hansestadt durch den Kiez. „Im Museum von St. Pauli bin ich schon seit Jahren die „Haus- und Hoftranse“, erzählt Feder. Olivia Jones, alias Oliver Knöbel, ist der Nachbar Feders, der ihn eines Tages angesprochen hat, ob er Lust habe, in seiner Show auftrete.
An der Schauspiel-Schule
Die Liebe zur Verkleidung entdeckte er während seines Schauspiel-Studiums. „Für ein Stück hatten wir in der Klasse nicht genug Frauen“, blickt der heutige Hansestädter zurück. Im Anschluss absolvierte er einige Semester Englisch und Politik an der Hamburger Universität. Schon während des Studiums arbeitete er in Schmidts Tivoli auf der Reeperbahn. Erst als Kassierer, dann im Call-Center, in den Bereichen Marketing und Pressearbeit, nun in der Verwaltung.
Christian Feder hat sein Abitur am Naumburger Domgymnasium gemacht. Nach einigen Monaten als Kassierer im Naumburger Kaufland verließ er 19-jährig die Domstadt in Richtung Hamburg. Noch immer kommt er regelmäßig in seine Heimatstadt zurück. Allerdings berufsbedingt nur zweimal im Jahr, meistens zu Ostern oder zu Weihnachten, um Familie und insbesondere seine Neffen zu besuchen. Das Kirschfest hat er einige Jahre nicht mehr erlebt. „Ich vermisse das Stadtfest, aber auch die Ruhe und die Natur“, sagt Feder, der seit dreieinhalb Jahren mit einem Deutsch-Engländer zusammenlebt. War sein Outing und später sein Bekenntnis als Travestie-Künstler für seine Familie für einen ersten Moment wohl etwas befremdlich, wird dies mittlerweile vollauf akzeptiert. „Sie sind stolz auf mich“, sagt Feder.
Weibliche Figur nur eine Rolle
Trotzdem weiß auch er, dass zwischen der steigenden Resonanz auf Travestie-Shows und dem fehlenden Verständnis in der Gesellschaft eine Kluft besteht. „Es ist tatsächlich so. Zum zehnjährigen Abi-Treffen würde ich gern als Fanny Funtastic erscheinen, aber ich glaube, ich habe dann doch Schiss davor“, so der Hamburger. Einen Auftritt in einer Show hier in Naumburg könne er sich indes gut vorstellen: „Wenn es eine Location gibt, warum nicht.“ Womöglich begleite er jedoch bald Olivia Jones, die ein Kinderbuch geschrieben hat, auf ihrer Lese-Reise, die vielleicht auch in die Region komme, erzählt Feder weiter.
Sein weibliches Alter Ego sei für ihn nur eine Rolle. „Ich bin schon nicht auf den Mund gefallen, aber Fanny hat ein sehr loses Mundwerk“, so der gebürtige Domstädter, der noch von einem besonderen Traum erzählt. „Ich könnte mir gut vorstellen, die Travestie zu meinem Hauptberuf zu machen.“
