"1990 sitzt noch tief" Strukturwandel: "1990 noch tief in Erinnerung"- Früheres Aus des Kraftwerks Schkopau verunsichert Kohlerevier Mitteldeutschland

Teuchern - Die Sorge um die Zukunft seiner Gemeinde steht Teucherns Bürgermeister Marcel Schneider (parteilos) in dieser Woche ins Gesicht geschrieben. Spekulationen um eine mögliche Abschaltung des mit Braunkohle betriebenen Kraftwerks Schkopau im Saalekreis schon bis zum Jahr 2026 treiben ihm die Sorgenfalten auf die Stirn. Denn den Brennstoff für das Kraftwerk liefert die Mibrag - der vermutlich wichtigste Arbeitgeber in Teuchern und Umgebung. Marcel Schneider fürchtet, dass Teuchern nun erneut ein Aderlass droht. „1990 ist allen noch tief in Erinnerung“, mahnt der Bürgermeister.
Kreispolitiker fordern Nachbesserungen an Strukturstärkungsgesetzen
Mit seinen Sorgen ist der Teucherner Bürgermeister nicht alleine. Am Donnerstagabend hat sich auch der Strukturwandel-Ausschuss des Kreistages geschlossen dafür ausgesprochen, eine vorzeitige Stilllegung des erst 1996 in Betrieb genommenen Kraftwerks in Schkopau unbedingt zu verhindern. Auf Initiative der SPD ist das Thema in eine Reihe von Nachbesserungsforderungen zum Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen aufgenommen worden.
Landrat Götz Ulrich (CDU) hatte in der Vergangenheit einen Entwurf für dieses Gesetz bereits deutlich kritisiert. Er vermisste darin unter anderem eine Förderung für konkrete Infrastruktur- sowie Bildungsprojekte. Die braucht es aus seiner Sicht, um bestehende Industriegebiete im Landkreis besser erschließen sowie erhoffte zentrale Bildungseinrichtungen in Naumburg, Weißenfels und Zeitz finanzieren zu können. Die politische Rückendeckung des Kreistages scheint ihm nach der jüngsten Sitzung des Ausschusses sicher.
Stilllegung des Kraftwerk Schkopaus für das Revier keine Option
Die Forderung, den Gesetzesentwurf nachzubessern und auch das Braunkohle-Kraftwerk Schkopau länger als nur bis 2026 am Netz zu lassen, soll nach dem Willen der Kreisräte zeitnah sowohl der Landesregierung als auch der Bundesregierung zugestellt werden. In dem Schreiben wird auch der Ruf nach Sonderabschreibungen für Unternehmen, der zweistreifige Neubau der B176 zwischen Weißenfels und Groitzsch sowie einer vollständigen Verlegung des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Süd nach Weißenfels laut.
Dass eine Stilllegung Schkopaus für das Revier keine Option ist, unterstrich Teucherns Hauptamtsleiterin Bianka Erben im Strukturwandelausschuss. „Das würde dem Kohlekompromiss die Grundlage entziehen und einen Strukturwandel im Burgenlandkreis unmöglich machen“, sagte sie. Doch wie realistisch ist eine solche Stilllegung? „Da wird schon was dran sein“, kommentierte Landrat Götz Ulrich Medienberichte, wonach Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Donnerstagabend zu einem Krisengespräch im Kanzleramt gewesen ist.
Gutes Beispiel für Zeitenwende bei Energiegewinnung sind Stadtwerke Leipzig
Betrieben wird das Kraftwerk Schkopau vom Unternehmen Uniper. Das könnte auf Entschädigungen für eine vorzeitige Abschaltung hoffen, hat sich aber bisher zu der Sache noch nicht öffentlich geäußert. Im Mitteldeutschen Revier sorgt zusätzlich für Unmut, dass Uniper vom Bundeswirtschaftsminister eine Zusage erhalten haben soll, im nordrhein-westfälischen Datteln ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz zu bringen.
Landrat Götz Ulrich gibt denn auch zu bedenken, dass die Initiative zur Stilllegung Schkopaus auch von Uniper selbst ausgehen könnte. Etwa, wenn das Unternehmen eine neue Energiequelle für Schkopau anstrebt. Ein gutes Beispiel für eine Zeitenwende in punkto Energiegewinnung sind die Stadtwerke Leipzig.
Das Tochterunternehmen der Stadt Leipzig plant gerade ein neues Gas-Kraftwerk und würde Fernwärme dann nicht mehr vom Kraftwerk Lippendorf beziehen, welches mit Braunkohle aus dem heimischen Revier betrieben wird. Die droht so, schneller als manchem lieb ist, zum Auslaufmodell zu werden. (mz)