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Spezialeinsatz in Tornau Spezialeinsatz in Tornau: Mysteriöser Besitzer der Kleidung bleibt verschwunden

Von Andrea Hamann-Richter 29.09.2017, 04:00
Taucher Martin Stock sucht gemeinsam mit Kollegen im See nach einer Person.
Taucher Martin Stock sucht gemeinsam mit Kollegen im See nach einer Person. Peter Lisker

Tornau - Schlanke Birken wiegen am Tagebaurestloch in Tornau im lauen Wind, das Ufer fällt leicht zum ruhigen Wasser ab. Dichtes Schilf säumt es. Alte Holzkohle erinnert daran, dass dort jemand gegrillt hat. Vielleicht waren es Angler. Der Platz ist ideal für sie.

Suche im Tagebausee in Tornau: Gefundene Kleidung alarmiert die Polizei

Die idyllische Kulisse täuscht. Unsanft durchbricht sie am Donnerstag das hämmernde Geräusch eines Kompressors. Er gehört zu dem Basisfahrzeug der Magdeburger Taucherstaffel der Polizei. Sie sucht im Wasser nach einer Person. Angler waren es, die am Mittwoch an diesem Ort einen Stapel Sachen fanden - Schuhe, Hose, Oberbekleidung, Unterwäsche. Obwohl es keine Vermisstenanzeige gab, wurde die Polizei alarmiert. Sie suchte mit Spürhunden und Hubschrauber - vergeblich. Die Truppe aus Magdeburg rückte an.

Taucher suchen nach Person im See: Von schlechtem Scherz bis tragischem Unglück ist alles möglich

Polizeihauptkommissarin Kerstin Peter schaut auf das Wasser. Aufsteigende Luftblasen zeigen, wo ihr Kollege Hagen Walther den Grund absucht. Ein rotes Schlauchboot dreht routiniert seine Runden. Die Kollegen im Boot suchen mit einem Echolot - ein Gerät, das Schallwellen hin- und zurücksendet.

Dadurch ist auf einem Bildschirm ein Profil sichtbar. Es zeigt, ob sich im Wasser ein größerer Gegenstand befindet. „Möglich ist alles“, sagt die Polizeihauptkommissarin. Sie meint mit Blick auf die verwaisten Sachen Suizid, ein schlechter Scherz oder, dass eventuell eine Person baden war und dabei vielleicht einen Herzinfarkt hatte. Kerstin Peter ist erfahren. Seit 2001 ist sie Polizeitaucherin. Ein Kurs von acht bis zehn Wochen war dafür nötig.

Suche am Tagebaurestloch in Tornau: So arbeiten die Taucher

Hagen Walthers Einsatz ist vorbei. Ihm wird unter dem Neoprenanzug kalt. Das ist das Zeichen, aufzuhören. Eine Stunde hat er bei einer Wassertemperatur von 18 Grad Celsius durchgehalten. Das zehrt an den Kräften. Die Ausrüstung wiegt 50 Kilogramm. Durch das Gewicht verbraucht der Körper zusätzlich Energie. „Eine gewisse Fitness muss vorhanden sein, sonst ist man schnell kein Taucher mehr“, sagt Kerstin Peter. Nach oben hin gibt es für die Spezialkräfte keine Altersgrenze. Jedes Jahr wird aber jeder der Truppe untersucht, ob er noch tauglich ist.

Hagen Walther hat nicht das gefunden, wonach er suchte. „Muscheln, Kies, Schlamm“, sagt er nur. Der Mann könnte jetzt duschen. Das Basisfahrzeug ist dafür ausgerüstet. Die Beamten können heizen, sich waschen und kochen geht in einer kleinen Nische auch. „In solche Ecken wie hier kommt niemand, um uns einen Kaffee vorbeizubringen“, sagt Kerstin Peters.

Geduscht wird übrigens nicht. Das Tornauer Wasser ist sauber. Es gibt aber durchaus Situationen, in denen die Taucher in schmutziges Gewässer steigen. Dann ziehen sie sich auch schon mal die sperrigen Trockenanzüge an. Durch sie werden dann nur Hände und Kopf nass. Die Neoprenanzüge sind wegen ihrer Flexibilität beliebter - aber irgendwann nass.

Ertrunkener im Tagebausee Tornau?: Auch nach stundenlanger Suche kein Fund

Jenny Schneider ist die nächste. Die Polizeiobermeisterin verschwindet im Wasser. Sie ist, wie vorher schon Hagen Walther, durch eine Leine mit einem Kollegen am Ufer verbunden. Die Taucher sehen unter Wasser fast nichts. „Maximal 40 Zentimeter weit“, sagt Hagen Walther. „Das ist hier kein Bunte-Fische-gucken, sondern fischen im Trüben“, sagt Kerstin Walther.

Jenny Schneider tastet sich bei einer Tiefe von 2,5 Metern langsam voran. „Unsere Hände sind unsere Augen“, erklärt Kerstin Peter. Die Orientierung ist gleich null. Deshalb gibt der Leinenhalter durch Ziehen die Richtung vor. Vier Taucher sind in Tornau dabei. Maximal zwei Gänge dürfen sie unternehmen. Das heißt, achtmal können sie suchen.

Es wird Mittag. Nach Stunden ist noch nicht mal die Hälfte des Sees abgesucht. Würstchen werden warm gemacht und Kaffee gekocht. Es ist eine eingeschworene Truppe. Pro Jahr wird sie zu etwa 20 solcher Einsätze gerufen. „Leichensuche ist selten“, sagt die Polizeihauptkommissarin. Meistens wird nach Beweismitteln wie Waffen, Tresore oder Autoteilen gefahndet. An den anderen Tagen machen sie Bereitschaftsdienst und sichern zum Beispiel Fußballspiele in Stadien ab.

In Tornau wird der Einsatz am Abend beendet. Die Hälfte des Sees ist abgesucht. Die Suche nach dem mysteriösen Besitzer der Kleidung bleibt erfolglos. Es wird in den kommenden Tagen noch einmal getaucht. Eine Vermisstenanzeige liegt immer noch nicht vor, so Ulrike Diener von der Pressestelle der Polizeidirektion Halle. (mz)