Siegfried Boy legt Amt nieder Siegfried Boy legt Amt nieder: Wechsel an der Spitze des Weinbauverbandes Saale-Unstrut

Freyburg - Mit 25 Dienstjahren ist Siegfried Boy der dienstälteste Weinbaupräsident Deutschlands. Doch die Ära geht nun zu Ende. Am kommenden Mittwoch werden die Winzer von Saale und Unstrut offiziell bekannt geben, dass an der Spitze des Verbandes ein Wechsel stattfindet. Nachfolger von Boy soll Hans Albrecht Zieger, der Geschäftsführer der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut werden. Dass ein Generationswechsel bevorsteht, stand bereits seit langem fest. Der Zeitpunkt überrascht allerdings.
Schwerwiegende Vorwürfe gegen
Boy hat bereits in den vergangenen Tagen in einem Schreiben die Verbandsmitglieder über seinen Rückzug informiert. Der MZ sagte der 64-Jährige: „Ich möchte den Weg frei machen für einen geordneten Übergang.“ Zieger, der bereits im Verbandsvorstand sitzt, soll die Interessenvereinigung zunächst als Interims-Chef führen und will sich beim Verbandstreffen am 25. Januar 2020 zur Wahl stellen. „Er hat damit die Möglichkeit sich einzuarbeiten“, begründet Boy sein vorzeitiges Ausscheiden. Der langjährige Präsident soll dann wahrscheinlich zum Ehrenpräsidenten gewählt werden.
Seine Verdienste sind unbestritten. Als Chef der Agrargenossenschaft Gleina und Vorstandschef der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut war er lange Jahre der starke Mann im Verband und wusste ihn zu führen. So sind 95 Prozent aller Anbaubetriebe im Verband organisiert und arbeiten beispielsweise beim Winzerfest in Freyburg (Burgenlandkreis) zusammen.
Dass sich die Weine von Saale und Unstrut nach der Wende wieder einen guten Ruf erarbeitet haben, liegt nicht allein an der Arbeit der Winzer. Als Verbandschef half Boy dabei, die staatlich reglementierte Anbaufläche zu vergrößern und warb regional und national für die Weine.
Boys Position war lange Zeit unantastbar, bis 2018 - dem schwarzen Jahr in seiner beruflichen Laufbahn. Nach dem Vorwurf seines Arbeitgebers, der Agrargenossenschaft Gleina, er habe eine Mitarbeiterin sexuell belästigt, wurde Boy von seinem Geschäftsführerposten beurlaubt und sein Ehrenamt als Weinbaupräsident ließ er ruhen. Der Vorwurf wurde nicht belegt. Es gab nie eine Anzeige, die Polizei ermittelte nicht.
Inzwischen haben sich Boy und die Genossenschaft in einem Vergleich geeinigt: Der Vorwurf der sexuellen Belästigung wurde zurückgenommen, die Kündigung als Geschäftsführer in einen Auflösungsvertrag umgewandelt. Seinen Posten als Weinbaupräsident nahm er wieder auf.
Sinkende Besucherzahlen: Boy muss sich kritischen Fragen stellen
Seinen einst großen Einfluss hat er aber verloren. Auch in der Winzervereinigung, in der er als Vorstandsvorsitzender amtiert, haben Zieger als Geschäftsführer und Andreas Silbersack als Aufsichtsratschef die tragenden Rollen übernommen. Als beim diesjährigen Winzerfest in Freyburg, das der Weinbauverband organisiert, die Besucherzahlen unter den Erwartungen blieben, musste sich Boy kritischen Fragen stellen. All das spielte bei seinem nun vorzeitigen Ausscheiden wohl auch eine Rolle, berichten Mitglieder der Winzervereinigung.
Das der nächste Verbandschef wahrscheinlich Zieger heißt, überrascht nicht. Der 43-Jährige hat sich nicht ins Ehrenamt gedrängelt. Die Winzervereinigung Freyburg ist mit Abstand der größte Weinproduzent in der Region. „Viele repräsentative Termine, bei den ich als Geschäftsführer eingeladen bin, kann ich gleichzeitig als Weinbaupräsident wahrnehmen“, sagt Zieger der MZ. „In dem Amt lässt sich aber auch für den Weinbau etwas bewegen.“ Vorstand und Beirat des Weinbauverbandes haben sich für ihn ausgesprochen. Zwar gibt es auch geeignete Winzer von privaten Weingütern für das Ehrenamt, doch denen fehlt häufig die Zeit, es auszufüllen.
Trockenheit der vergangenen Jahre gefährdet Ernte
Das Anbaugebiet steht nach Ansicht von Zieger vor neuen Herausforderungen. Die trockenen Jahre 2018 und 2019 haben zu deutlich niedrigeren Ernten geführt. „Ohne eine künstliche Bewässerung werden wir künftig keine stabilen Erträge mehr haben“, ist Zieger überzeugt. Er setzt sich daher für ein betriebsübergreifendes Bewässerungssystem ein. Dazu werden derzeit Pläne ausgearbeitet. Zunächst will Zieger auf das öffentliche Trinkwassernetz zurückgreifen.
Langfristig hält er auch eine Pipeline aus dem Geiseltalsee (Saalekreis) für möglich. Der Tagebausee speist sich aus der Saale und könnte auch Wasser für die Weinberge liefern. (mz)