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Rechtsanwältin in Russland  Rechtsanwältin in Russland : Naumburgerin ist im größten Land der Welt heimisch

Von Constanze Matthes 10.02.2019, 09:03
Die Naumburgerin Dagmar Lorenz führt eine Kanzlei, die sowohl in der Domstadt als auch im russischen St. Petersburg ansässig ist.
Die Naumburgerin Dagmar Lorenz führt eine Kanzlei, die sowohl in der Domstadt als auch im russischen St. Petersburg ansässig ist. Torsten Biel

Naumburg - Dagmar Lorenz ist in zwei Ländern zu Hause. In Naumburg geboren, lebte sie rund 20 Jahre lang in Russland. Noch immer führen ihre beruflichen wie private Wege sie regelmäßig nach St. Petersburg. Ihre Kinder wachsen zweisprachig auf. Ihr Mann hat sowohl russische als auch ukrainische Wurzeln. „Ich bin froh über diese russische Welt in meinem Leben“, sagt die 54-Jährige.

Abitur mit Auszeichnung

Alles begann damals in der Kindheit - mit ihrer Lieblingsoper „Fürst Igor“ des Komponisten Alexander Porfirjewitsch Borodin und einer russischen Tante. „Ich mochte sie sehr. Sie war sehr herzlich, weltoffen und gastfreundlich“, erzählt die Naumburgerin. Schon in der Schule lernte sie die russische Sprache. Ihr Abitur an der Erweiterten Oberschule in Schulpforte legte sie mit der Auszeichnung „magnum cum laude“ ab. Im Anschluss nahm sie ein Studium der Staats- und Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt internationales Wirtschafts-, Handels- und Gesellschaftsrecht an der Martin-Luther-Universität in Halle auf. Obwohl sie zur damaligen DDR-Zeit nicht mehr daran geglaubt hatte, einen Studienplatz zu bekommen. „Ich hatte es abgelehnt, ein Studium des Wissenschaftlichen Kommunismus zu beginnen“, blickt Dagmar Lorenz zurück. Ihr einstiger Plan B: eine Töpferlehre in der thüringischen Töpferstadt Bürgel.

1989 zog ein Forschungsstudium sie nach Rostock. Dabei widmete sie sich dem Thema „Internationaler Schiffbauvertrag“. Es sollte eine Vorbereitung sein für den Sprung nach Russland. Wenig später ging sie nach Leningrad, um am dortigen Schiffbauinstitut weiter zu forschen. Eine prägende wie schwere Zeit. „Die Menschen dort hatten nicht viel. Es gab Lebensmittelmarken. Ich hatte Probleme mit meinem Stipendium und deshalb nicht viel Geld. Ich habe da gelernt, was die russische Gastfreundschaft bedeutet und dass es nicht viel braucht im Leben.“

Ihre Rückkehr nach Deutschland war nur von kurzer Dauer. „Ich wollte wieder zurück nach Russland. Ich hatte eine andere Sicht auf die Dinge bekommen“, bemerkt sie. 1991 erhielt Dagmar Lorenz die deutsche Anwaltszulassung. Zwei Jahre später wurde der Grundstein ihrer eigenen Kanzlei in St. Petersburg gelegt, die erste deutsche Kanzlei in Russland überhaupt; mit der sie in den Folgejahren gute wie schlechte Zeiten durchlebte und im vergangenen Jahr das 25-jährige Bestehen beging. Zu den persönlichen Erfolgen zählte ein weiterer „magnum cum laude“-Abschluss, diesmal in Jura an der Staatlichen Universität in St. Petersburg, zu den düsteren Kapiteln die russische Bankenkrise, die hierzulande kaum für Schlagzeilen gesorgt hat, von der aber Dagmar Lorenz und ihre Mitarbeiter arg betroffen waren. Heute ist ihre Kanzlei in Naumburg, St. Petersburg und Moskau beheimatet, derzeit werden Dependancen in Berlin, Kiew, Minsk und Almaty aufgebaut. Begleitet werden sowohl juristisch als auch steuerrechtlich Unternehmen und Investoren, die in Russland tätig sind - ein Markt, der vor allem für ostdeutsche Firmen interessant ist. Die derzeit kühlen politischen wie wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Europa sieht Dagmar Lorenz, die mehrere Publikationen als Autorin und Mitautorin verantwortete sowie Dozentin an der Universität Viadrina und Gastprofessorin an der Universität St. Petersburg war, mit Sorge. „Es ist eine schwierige Situation. Ohne die Krimkrise ad acta zu legen, es braucht einen Neuanfang, um für Stabilität zu sorgen. Deutschland und Europa sollten die Beziehungen zu Russland wieder enger knüpfen.“ Als einen der interessantesten Aufträge nennt sie das deutsch-russische Abkommen zur Entsorgung von russischen Atom-U-Booten, das ihre Kanzlei juristisch begleitete. „Es ist eines der erfolgreichsten Abrüstungsprojekte der Welt.“ Beruflich wie privat lernte sie das riesige Land zwischen Europa im Westen und dem Pazifik im Osten sowie seine Menschen kennen. „Die Russen sind herzlich und gastfreundlich, und sie lieben die Deutschen.“ Ihre Reisen führten sie in den Ural, an den Baikalsee und nach Kamtschatka sowie in Städte wie Irkutsk und Wladiwostok.

Ein Jahr Präsidentin

Seit 2010 ist sie wieder in Naumburg angekommen. Noch immer reist sie regelmäßig nach Russland, auch für längere Aufenthalte mit der Familie. Seit ihrer Rückkehr ist sie eng mit dem Rotary Club Naumburg verbunden, schon in St. Petersburg gehörte sie der Organisation an. Dabei war ihre Aufnahme in Naumburg nicht unproblematisch: Denn bis dato gehörten dem hiesigen Club keine Frauen an, war dies auch per Satzung nicht erlaubt. Doch mit Dagmar Lorenz wurde es anders: „Die Satzung wurde geändert. Ich weiß, dass dies keine einfache Entscheidung war.“

2014 bis 2015 war sie Präsidentin. In ihrer Amtszeit führte sie ein, dass sich der Club mit einem Stand fortan sowohl zu Weihnachtliches in den Höfen in Naumburg als auch zur Saale-Weinmeile präsentiert, um Spenden für verschiedene soziale Projekte zu sammeln. „Ich hätte noch gern einen Ball in Naumburg ins Leben gerufen“, sagt sie. Derzeit gehören dem Club drei Frauen an. „Wir würden uns mehr von ihnen wünschen“, sagt Dagmar Lorenz und verweist auf Veränderungen im Club; wie den Generationswechsel und die Verjüngung seiner Mitglieder.