MZ-Interview zur Asylpolitik MZ-Interview zur Asylpolitik : Landrat Götz Ulrich spricht von teuren Dolmetschern

Zeitz/Naumburg - Der Burgenlandkreis liegt bei der Unterbringung der Flüchtlinge mit fast 2.000 Euro über dem Landesdurchschnitt von 10.468,82 Euro pro Person im Jahr 2015. Mit Landrat Götz Ulrich (CDU) sprach Yvette Meinhardt über die Gründe dafür.
Stimmen die Zahlen, denn es ist ja die Rede von „internen Berechnungen des Innenministeriums“?
Ulrich: Der Burgenlandkreis hatte 2015 flüchtlingsbedingte Kosten in Höhe von 15,64 Millionen Euro, welche in voller Höhe vom Land erstattet wurden. Pro Flüchtling sind das nach der Berechnung des Innenministeriums 12.203,19 EUR.
Wie sind die überdurchschnittlich hohen Kosten zustande gekommen?
Ulrich: Dafür gibt es mehrere Gründe. Als Erstes liegen die Kosten für die Wachdienste deutlich höher. Nach dem Brandanschlag in Tröglitz bestand und besteht ein besonderes Augenmerk darauf, die Sicherheit der Gemeinschaftsunterkünfte zu gewährleisten. Zusätzlich wurden auch dort Schutzmaßnahmen beauftragt, wo zahlreiche Wohnungen in räumlicher Nähe angemietet wurden. Das kommt dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entgegen und wurde begrüßt. Das Wachpersonal dient für Flüchtlinge und einheimische Bevölkerung als Ansprechpartner, wenn außerhalb der Dienstzeiten der sozialpädagogischen Mitarbeiter Fragen entstanden.
Was sind weitere Gründe?
Ulrich: Wir hatten keine Notunterkünfte in Schulen, Turnhallen oder kommunalen Sälen eingerichtet. Diese sind sehr preiswert, weil auf kleinem Raum eine große Zahl von Flüchtlingen wohnt. Es war sowohl mein als auch das ausdrückliche Ziel des Kreistages, möglichst keine öffentlichen Einrichtungen zu nutzen, um den Betrieb von Schulen und Sportvereinen nicht zu beeinträchtigen. Denn Schulen und Vereine werden als Integrationshelfer benötigt. Der Kreis hatte überdurchschnittliche Aufwendungen bei den Dolmetschern.
So wurden häufig hauptberufliche Übersetzer herangezogen, besonders bei Arzt- und Behördenbesuchen. Mittlerweile gibt es einen Pool von ehrenamtlichen Übersetzern – vor allem aus dem Kreis der Flüchtlinge selbst. Daher werden diese Kosten deutlich sinken. Auch die Kosten für Krankenhausbehandlungen der Flüchtlinge waren überdurchschnittlich hoch. Die Gesundheitszustände der Flüchtlinge sind nicht beeinflussbar. Es werden nur zwingend notwendige Behandlungen finanziert. Flüchtlinge sind nicht krankenversichert und genießen einen deutlich geringen Anspruch auf Behandlung als Kassenpatienten.
Was halten Sie von angekündigten Sanktionen des Innenministeriums?
Ulrich: Sanktionen des Landes sind mir nicht bekannt. Mir kann beim Land auch niemand sagen, welche Folterinstrumente das sein sollen. Das wäre ja auch noch schöner, wenn wir uns in den Kommunen nach Kräften bemühen, die Aufgaben zu erfüllen und dafür noch bestraft werden. Insbesondere im Bereich der Sicherheitsmaßnahmen bin ich zu Abstrichen nicht bereit. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass hier das Land fordern wird, weniger zu tun. Insofern bleibe ich zuversichtlich, dass sich Land und Landkreise auch 2016 darauf verständigen können, die notwendigen Kosten zu tragen.
In welche Richtung haben sich diese Kosten im Jahr 2016 entwickelt? Wie werden sich diese noch bis zum Jahresende entwickeln?
Ulrich: Die Auszahlungen im ersten Halbjahr betrugen rund 11,5 Millionen Euro. Das sind durchschnittlich 10.123 Euro pro Flüchtling und Jahr. Wie die Entwicklung der Kosten bis zum Jahresende sein wird, hängt von den zukünftigen Flüchtlingszahlen ab, welche uns nicht bekannt sind.
Welche weiteren Kosten für Bildung trägt der Landkreis ebenfalls?
Ulrich: Der Landkreis trägt sämtliche Personal- und Sachkosten, die Kosten für Erstorientierungskurse und für die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge. Personalkosten entstehen für die Mitarbeiter im Integrations- und Ausländeramt, dem Jugend- und Hauptamt, Bildungs- und Wirtschaftsamt. Insbesondere die sozialpädagogischen Mitarbeiter im Sachgebiet Integration sind hier enthalten. Alle Flüchtlinge hatten 2015 die Möglichkeit, an einem Sprachkurs teilzunehmen.
Werden die Kosten in Zukunft steigen, stabil bleiben oder sinken, wie lautet Ihre persönliche Prognose?
Ulrich: Eine sichere Prognose ist nicht möglich. Kostendämpfend wirkt, dass wir deutlich weniger Flüchtlinge aufgenommen haben (2016 bisher 631) und damit deutlich weniger Aufwendungen für Asylbewerberleistungen entstehen. Die Kosten für Dolmetscherleistungen wurden reduziert, Unterkünfte gekündigt. Kostensteigernd wirkt, dass wir aufgrund unsicherer Prognosen zur Unterbringung von Flüchtlingen Überkapazitäten vorhalten müssen. Und Mietverträge können nur nach Ablauf der Laufzeit und unter Einhaltung von Fristen gekündigt werden.
Wenn die Landesregierung künftig nur die durchschnittlichen Kosten tragen will, aus welchen Mitteln will der Burgenlandkreis zahlen?
Ulrich: Für 2016 bleibt das Ziel, im Rahmen der Pauschale von 10.468,82 Euro zu bleiben und keine zusätzlichen Kreismittel einsetzen zu müssen. Ob das gelingt, ist nicht vorhersehbar.
(mz)