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Leute von nebenan: Christiane Beck Leute von nebenan: Christiane Beck: In ständiger Bewegung

Von Harald Boltze 07.10.2019, 07:38
Christiane Beck ist nicht nur Vorsitzende des Naumburger SV 1951, sondern leitet auch an drei Abenden Sportgruppen in der Turnhalle an.
Christiane Beck ist nicht nur Vorsitzende des Naumburger SV 1951, sondern leitet auch an drei Abenden Sportgruppen in der Turnhalle an. Torsten Biel

Naumburg - Wenn Christiane Beck bei Sportveranstaltungen alle Nase lang gegrüßt und angesprochen wird, passiert es, dass Nebenstehende sagen: „Mensch, du kennst aber auch wirklich jeden!“ Und was den Sport in Naumburg angeht, so kommt das sogar fast hin.

Seit zehn Jahren Chefin des Naumburger SV

Kein Wunder, schließlich ist Christiane Beck seit rund 60 Jahren auf den Plätzen und in den Sporthallen der Domstadt zu Hause: ob nun im Laufe der Jahre als Sportlehrerin, Schulleiterin, AOK-Beraterin oder jahrzehntelange Übungsleiterin. Ganz zu schweigen davon, dass sie seit fast zehn Jahren einem der größten hiesigen Sportclubs, dem Naumburger SV 1951, vorsteht. Klar deshalb, dass sie dieser Tage, an ihrem 65. Geburtstag, in einer Sporthalle, der an den Moritzwiesen, mit Blumen und großem Bahnhof überrascht worden ist.

Als sie jedoch 1961 als kleines Mädchen mit dem Sport begann, hießt der NSV 1951 noch ganz anders: BSG Lokomotive nämlich. „Schon damals hatten es mir vor allem das Gerätturnen und das Schwimmen angetan“, sagt die 65-Jährige. Und auch in Schulpforte, wo sie ab der 9. Klasse unterrichtet wurde, blieb ihre Leidenschaft für die Bewegung erhalten, so dass sie nach dem Abitur in Halle ihr Studium aufnahm und es als Lehrerin für Sport und Deutsch beendete.

Es zog Beck zurück nach Naumburg, wo sie fortan an der (heutigen) Georgen- und Salztorschule unterrichtete und mit Ehemann Reinhard sowie den Kindern Antje und Michael privat glücklich wurde. Mit der Wende folgte jedoch der berufliche Rückschlag: Ihre Stellung als Leiterin der damaligen „Fritz Weineck“ und die SED-Mitgliedschaft führten dazu, dass „man mir mitteilte, dass ich als Lehrerin nicht mehr gebraucht werde“.

Fortbildungen zur Gesundheitssportlerin

Christiane Beck aber wollte dem Sport auch beruflich nahe bleiben und hatte Glück, bei der Krankenkasse AOK nach einigen Fortbildungen zur Gesundheitssportlerin unterzukommen. Für die AOK tourte sie ab 1992 durch Schulen und Betriebe, „und manchmal haben wir auf Dörfern wie Prießnitz mit den Agrarangestellten auch Rückenschule im Schweinestall gemacht“, wie sie sich, nun im Ruhestand, erinnert.

Schon damals war sie als Übungsleiterin und im Vorstand des Nachfolgevereins der BSG Lok äußerst aktiv. Doch das steigerte sich noch, als im Frühjahr 2010 der bisherige NSV-Vorsitzende Uwe Hegner nicht mehr kandidierte und der immerhin fast 400 Mitglieder große Club eine neue Spitze brauchte. Beck: „Da ich meinen Verein nie im Stich lassen würde, habe ich mich übergangsweise zur Verfügung gestellt.“

370 Mitglieder in neun Abteilungen

Fast zehn Jahre ist das nun her. Eine Zeit, in der sie mit Leidenschaft Tausende Stunden für den NSV geopfert hat. Für die heute rund 370 Mitglieder in neun Abteilungen kämpft sie für beste Bedingungen - sei es, wenn es um Hallen- oder Schwimmzeiten oder auch um Weiterbildungsmöglichkeiten für die Übungsleiter geht. „Ich bin da sicher nicht immer eine angenehme Partnerin für Verbände oder die Stadt, da ich mich mit allem, was geht, für unsere Mitglieder einsetze“, sagt Christiane Beck.

Vor allem die Ausbildung der derzeit 21 NSV-Übungsleiter und die Nachwuchsgewinnung liegen ihr am Herzen. Dabei sind Beck natürlich ihre vielen Kontakte hilfreich. So war etwa die Leiterin der Freien Schule „Jan Hus“, Kathrin Wahlbuhl-Nitsche, einst ihre Schülerin. Zudem ermuntert Beck die Abteilungen, selbst in Schulen aktiv zu werden und dort den Nachwuchs für den Sport zu gewinnen. Die Ärztin Ines Weißenburg, Schachspielerin beim NSV, macht dies etwa, indem sie an drei Grundschulen Schach-Arbeitsgemeinschaften anbietet.

Radballern fehlte der Nachwuchs

Doch nicht immer reicht der Einsatz aus, um Sportarten zu erhalten. „Das war schon zu DDR-Zeiten so, als der in Naumburg unheimlich populäre Rollkunstlauf irgendwann einging“, so Beck. Beim NSV erwischte es vor wenigen Jahren die Radballer - einst eine Hochburg in der Domstadt. „Da hat irgendwann einfach der Nachwuchs gefehlt.“ Dass es Sportarten wie Turnen, Schwimmen oder Kunstradfahren schwer gegenüber „König Fußball“ haben, nimmt Christiane Beck ohne zu Jammern hin, obwohl der NSV selbst keine Fußball-Abteilung hat. „Wenn mir ein Junge sagt, er möchte lieber zum Fußball, dann sage ich ihm sogar, wo und wann in anderen Vereinen trainiert wird. Hauptsache, sie bewegen sich.“

Wer nun aber denkt, Christiane Beck würde als Vorsitzende nur vom Schreibtisch aus Regie führen, irrt gewaltig. Gleich an drei Abenden - montags, dienstags und donnerstags - steht sie selbst in der Sporthalle Moritzwiesen, leitet den Gesundheitssport und macht „noch jede einzelne Übung vor“. Froh ist sie lediglich, dass sie bei den NSV-Volleyballern einfach mitspielen kann und mal nicht als Übungsleiterin gefordert ist.

Ein Leben nur für den Sport könnte man also diese Naumburger Biografie überschreiben - doch das wäre verkürzt! Denn es gibt eine zweite Leidenschaft in Christiane Becks Leben. Und diese hängt zunächst damit zusammen, dass ihr Mann Reinhard seit Jahrzehnten im Grochlitzer Männerchor singt und ihr Sohn Michael (35), von Beruf Musicaldarsteller, diesen Chor sogar musikalisch leitet.

Geburtsstunde des Pop-Chors Naumburg

Vor rund zehn Jahren hatten die Grochlitzer mal wieder Stiftungsfest, und die Frauen ließen sich etwas einfallen. „Bei Hoffmanns in der Scheune haben wir uns heimlich getroffen, haben unseren Männern erzählt, wir machen Rückenschule oder Tupperparty.“ Stattdessen wurden Lieder geprobt, so dass die Überraschung glückte und man zum Stiftungsfest als Frauenchor auftreten konnte. „Und daraus hat sich der Popchor Naumburg entwickelt, in dem mittlerweile 41 Frauen jeden Alters dabei sind“, so Christiane Beck mit reichlich Stolz. Am 9. November lädt man zum nächsten Konzert in die „Kadette“ ein.

Eine positive Zukunft ihres Chors und Sportvereins liegen Christiane Beck also am Herzen, doch die Jubilarin hat nun zum 65. auch einen ganz speziellen Wunsch: einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den NSV-Vorsitz. „Ich denke, jedem Verein tut etwas frischer Wind hin und wieder gut“, so Beck. Was sie mit der gewonnenen Zeit anstellen würde? Vielleicht öfter die 600 Kilometer zu Tochter und Enkelinnen nach Schleswig-Holstein auf sich nehmen oder noch mehr zu ihrer dritten, seit vielen Jahrzehnten aktuellen Liebe reisen: zum Schwimmen auf die Insel Rügen.