Leerstand in Naumburgs Innenstadt Leerstand in Naumburgs Innenstadt: Kampf gegen den Trend

Naumburg - Es gibt drei Zutaten, aus denen man schließen könnte, dass es um den Naumburger Innenstadt-Handel bestens bestellt ist. Erstens: Touristen loben stets die kleinen, individuellen Geschäfte. Zweitens: Die Naumburger sind Lokalpatrioten und generell an einer florierenden Innenstadt interessiert. Und drittens: Mit dem Welterbetitel ist eine deutliche Steigerung an Besucherzahlen zu erwarten.
Und tatsächlich hat es erfreuliche Ansiedlungen gegeben: kreative Konzepte wie die „Pimpinelle Suppenkelle“ oder das Schmuckatelier von Ulrike Ludewig; aber auch klassische Boutiquen wie „Laufsteg“, „Schneider-Moden“ oder der „Esprit-Store“.
Alles paletti also? Kein Leerstand? Stattdessen Gerangel um die besten Lagen? Mitnichten! Naumburg hat das gleiche Problem vieler kleiner und mittelgroßer Städte in Deutschland: zu viel Leerstand, zu wenig Käufer, zu wenig Umsatz. Ein sich bedingender Teufelskreis.
Immerhin gibt es mit Innenstadtverein und Citymanagement engagierte Kräfte, die dagegen angehen. So wurde nun, auf Anfrage des MDR-Fernsehens, eine Analyse der Leerstandsquote, die mit 25 bis 30 Prozent angegeben wird, verfasst. Benannt werden unter anderem folgende Punkte:
Sortimentsabschöpfungen und Verdrängungswettbewerb:
„Sowohl in Supermärkten (Edeka, Kaufland, Rewe) als auch bei den Discountern (Aldi, Lidl, Netto) wird mittlerweile das gesamte Sortiment einer Innenstadt abgebildet“, schreiben Anke Weiland, Vorsitzende des Innenstadtvereins, und Andreas Hünerbein, ihr Stellvertreter. Dass die sogenannten Non-food-Bereiche stetig wachsen, sehe man am neuen, deutlich größeren Aldi am Bahnhof. Aufgrund der Marktmacht könne mit tiefen Preise und saisonalen Power-Angeboten gelockt werden. Dramatische Folgen habe dies zum Beispiel für Blumenläden (zwei kürzliche Schließungen in der Innenstadt) oder Schreibwaren- und Spielzeuggeschäfte. Auch wirtschaftspolitisch seien es eher große Unternehmen, denen Investitionsanreize, zum Beispiel beim Aufbau von Logistikstandorten, gewährt werden, wird beklagt.
Kommunalpolitische Entscheidungen:
Gefreut hat sich Anke Weiland über die Entscheidung, die Stadt- und Kinderbibliothek ins Citykaufhaus in die Salzstraße zu verlegen. „Ein wichtiger Schritt gegen den Leerstand.“ Kritisch gesehen wird hingegen, dass Stadt und Gemeinderat den Bau neuer Verkaufsflächen außerhalb der City fördern.
So hat der Rat gerade den Weg für die Ansiedlung der Kaufhaus-Kette „Woolworth“ am Bahnhof freigemacht. Die Suche der Drogeriekette „Rossmann“ nach einer größeren Innenstadt-Filiale sei hingegen „nicht mit Nachdruck unterstützt“ worden, so dass es zum Neubau in der Luxemburgstraße kommt und „mittelfristig die Schließung der Filiale in der Herrenstraße im Raum steht“, so Weiland und Hünerbein. Bereits zuvor habe die Verkaufsfläche je Einwohner in Naumburg über dem Bundesdurchschnitt gelegen, was sich weiter erhöht. Ebenfalls unzufrieden ist man mit der städtischen Immobilientochter GWG. Diese hat bekundet, die große Verkaufsfläche im ehemaligen Raiffeisenmarkt (Marienstraße 30-32) für kleinteiliges Gewerbe aufzuteilen. Dabei wurde „sowohl im Einzelhandelskonzept von 2008 sowie im Wirtschafts- und Tourismuskonzept von 2015 auf die Notwendigkeit hingewiesen, Verkaufsflächen durch Zusammenlegung zu vergrößern und damit die Ansiedlung von größeren Händlern/Filialen in der Innenstadt zu ermöglichen“, meint der Verein. Einzelne private Vermieter hätten dies schon gut gelöst.
Internethandel:
Der Online-Umsatz ist von einer Milliarde Euro (1999) auf rund 48 Milliarden Euro (2017) gestiegen und erreicht einen Anteil am Gesamtumsatz im Einzelhandel von etwas 15 Prozent. Ständige Verfügbarkeit, Bequemlichkeit, unbegrenztes Angebot sowie hohe Preistransparenz dürften für die Fortsetzung dieser Entwicklung sorgen. Die Folge: Bundesweit ist die Frequenz in Innenstädten und Einkaufszentren rückläufig. Wie Anke Weiland beobachtet, „führt dies auch zur Zunahme von Leerständen in großen Einkaufszentren wie im Nova Eventis. Andererseits müssen sich stationäre Händler, die erfolgreich in den Onlinehandel einsteigen wollen, auf hohe Investitionen bei schwer prognostizierbarem Erfolg einlassen.“
Unternehmerische Entscheidungen:
Doch der Innenstadtverein gibt sich auch selbstkritisch: „Fachgeschäfte werden nur dann bestehen, wenn sie zielgruppen- und qualitätsorientiert handeln. Der Fokus muss auf ein ansprechendes Warensortiment gelegt sein, das entsprechend präsentiert wird.“ Problematisch sei die schwierige Situation am Arbeitsmarkt. „Aufgrund der Vielzahl von inhabergeführten Geschäften in der Innenstadt gab es bereits und wird es künftig Geschäftsschließungen beim Erreichen der Altersrente geben.“
Lösungsansatz:
Mit der Schaffung des Citymanagements ist laut Verein ein erster Schritt getan. „Nun müssen alle Akteure, also Einzelhandel, Gastronomie, Stadt, Vermieter und citynahe Dienstleister, an einem Strang ziehen, um den Kunden positive innerstädtische Einkaufserlebnisse zu vermitteln.