1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Lebensbilder: Nicole Klauser: Lebensbilder: Nicole Klauser: Rotieren hinter der Bühne

Lebensbilder: Nicole Klauser Lebensbilder: Nicole Klauser: Rotieren hinter der Bühne

Von Jana Kainz 13.10.2019, 08:28
Zur perfekten Theateraufführung gehören passende Kostüme, Requisiten und gelegentlich eine Puppe - um all dies und noch mehr kümmert sich Theaterschneiderin Nicole Klauser in Naumburg seit fast drei Jahrzehnten.
Zur perfekten Theateraufführung gehören passende Kostüme, Requisiten und gelegentlich eine Puppe - um all dies und noch mehr kümmert sich Theaterschneiderin Nicole Klauser in Naumburg seit fast drei Jahrzehnten. T. Biel

Naumburg - Damit die Gastgeberin in der Naumburger Inszenierung „Der Vorname“ den eingeladenen Familienmitgliedern ein ausschließlich aus Reis bestehendes Mehr-Gänge-Menü servieren kann, kochte Nicole Klauser fernab des Rampenlichts Reis zuhauf. Vom Herd ging es für sie kurz vor Vorstellungsbeginn schnurstracks in die Garderobe der Schauspieler, um Maribel Dente bei der scheinbar kniffeligen Hochsteckfrisur behilflich zu sein. Und fiel nach einer turbulenten „Der Vorname“-Aufführung, bei der es auch über den gedeckten Tisch ging, der Theatervorhang, hatte Nicole Klauser mit der Wäsche alle Hände voll zu tun. Immerhin sollten die Schauspieler am folgenden Abend wieder wie aus dem Ei gepellt auf der Bühne des Naumburger Theaters stehen können. Nein, auch wenn es den Eindruck erweckt, aber Nicole Klauser ist an dem kleinsten Stadttheater Deutschlands nicht etwa das Mädchen für alles.

Nähmaschine statt Gitarre

Die 45-Jährige näht vorrangig die Kostüme, kümmert sich um die Requisiten und betreut den inzwischen an die 700 Figuren zählenden und stets weiter wachsenden Puppenfundus - und das seit nunmehr fast drei Jahrzehnten. Somit arbeitet sie inzwischen für den fünften Intendanten und ist unter den Theatermitarbeitern die Dienstälteste. Aber nicht nur das. Sie ist auch die erste Schneiderin, die am Naumburger Theater überhaupt beschäftigt wurde - und das direkt nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Damenschneiderin.

Hätte ihr das Gitarrenspiel gelegen, wäre Nicole Klauser jetzt vermutlich eine Kindergärtnerin. Ein paar Monate lang hatte sie es als Sechst- oder Siebentklässlerin versucht. In der Schule wurde einst ein Gitarrenkurs angeboten. „Doch das war mir mit der Gitarre alles zu verkrampft“, erzählt sie. An mangelnder Musikalität kann es nicht gelegen haben - im Großjenaer Fanfarenzug spielte sie die Hochtrommel-, an zu wenig Fingerfertigkeit aber auch nicht, denn die Nadelarbeit in der Unterstufe hatte ihr Spaß gemacht und Geschick zeigte sie auch an der Nähmaschine. An der war sie in Großjena quasi groß geworden - dank einer Nachbarin. In ihren Kindertagen verbrachte Nicole Klauser, deren Mutter lange Arbeitstage in der Weißenfelser Schuhfabrik hatte, viele Nachmittage bei der Näh-Autodidaktin. „Bei ihr habe ich meine erste kleine Schürze genäht, da war ich neun oder zehn Jahre alt“, erinnert sie sich.

Lehre im Servicezentrum

Schließlich schenkte ihr der Onkel eine Tret-Nähmaschine. Fortan kürzte sie für ihre Mutter die Hosen oder stattete ihre Puppen mit neuen Kleidern aus. Ihr Onkel war es dann auch, der sie beruflich in die Richtung Damenschneiderei lenkte. Das Handwerk erlernte sie schließlich im damaligen Naumburger Servicezentrum. Nach etwa einem Jahr Lehre wurde das Servicezentrum wegen der politschen Wende 1989/90 geschlossen. Nicole Klauser drohte damit der Abbruch der Lehre. Ihre Rettung kam in Form einer privaten Schneiderin aus Leißling daher. Sie übernahm Nicole Klauser als Lehrling - aber nicht ohne sich bei der Stadt zu vergewissern, ob die junge Frau beruflich eine Perspektive hätte. Nahtlos startete die frisch ausgelernte Damenschneiderin wenig später ins Berufsleben - damals keine Selbstverständlichkeit. Anfangs nähte sie fast ausschließlich Kostüme, Vorhänge oder was gerade als Requisite benötigt wurde. „Mit der Zeit wuchs aber die Zahl der Projekte, so dass es inzwischen kaum noch zu schaffen ist, alle Kostüme selbst zu nähen“, erzählt sie. Daher wird auch schon mal etwas von der Stange gekauft, was dann nur noch leicht verändert oder passend gemacht werden muss. Triste Routine - die gibt es in ihrem Job nicht. So obliegt es auch ihr, die Schaufenster der Tourist-Information und des Bürgerservices der Stadtverwaltung mit Theaterthemen zu gestalten, Schul-Theatergruppen Kostüme zur Verfügung zu stellen oder auch jene Puppen aus dem Fundus herauszusuchen, die für die Theater-Workshops in den Ferien benötigt werden.

Unterstützung durch Team

In letzterem ist sie seit der Puppenausstellung in der Marien-Magdalenen-Kirche mehr als bestens erprobt. „Jede Puppe hat eine Nummer, ist fotografiert und gut verpackt aufbewahrt. Für die Ausstellung geriet alles durcheinander. So musste nach dem Ende der Schau wieder jede Tüte zur passenden Figur und deren angestammter Fundusplatz gefunden werden“, so Nicole Klauser.

Dass sie so viele verschiedene Aufgaben erledigen darf, mag sie besonders an ihrer Arbeit - und, dass sie ein so tolles Team um sich hat, in dem man sich gegenseitig unterstützt. So rollt die Theaterschneiderin und Requisiteurin auch schon mal die Elektrokabel mit auf, wenn es von einem Gastspiel - wie jenem mit „In vino veritas“ in der deutschen Botschaft in Brüssel - wieder rasch nach Hause gehen soll.

Und dort warten neben ihrem Mann sowie Hund und Katze vor allem ihr drei Kinder auf sie: Luzi (21), Fritz (15) und die fünfjährige Tilda.