Kirche Kirche : Pfarrers kulinarische Ader

Camburg/Leislau - Michael Greßler, Jahrgang 1966, ist als verantwortlicher Pfarrer für den Evangelischen Pfarrbereich Camburg-Leislau zuständig. Bekannt ist er auch als Leiter der Kurrende, dem Chor der Kirchlichen Hochschule Naumburg, der nach der Schließung der Schule im Jahr 1993, bestehenblieb. Just im Juli haben die Sänger die 26. Sommerchorreise absolviert. Darüber hinaus genießt der Pfarrer einen sehr guten Ruf als Koch. „Ich koche sehr gern. Das gehört zu meinen Hobbys“, sagt er. So verwundert es nicht, dass er seine kulinarische Ader auch auf den jährlich stattfindenden Kirchplatzmärkten in Camburg auslebt. Dort engagiert er sich jedes Jahr und bereitet für alle Gäste einen großen Topf voll Kesselgulasch zu.
Seit 2004 bringt er außerdem jährlich ein kleines Kochbuch heraus. Die mittlere Tochter habe ihn damals auf die Idee gebracht. Anfangs versammelte er in den 20 Seiten fassenden Büchlein eigene Rezepte. Diese spiegeln im Wesentlichen die Thüringische Küche wider – zum Beispiel ganz klassisch: Thüringer Klöße, Rotkraut und Braten. 2009 ging Greßler dazu über, Rezepte von Freunden und Gemeindemitgliedern abzudrucken. Diese kamen mit allen möglichen Ideen - von Getränken, Suppen, Hauptgerichte bis hin zu Nachtischen. Zusätzlich findet sich zu jedem Rezept eine kurze Einführung, eine kleine Geschichte oder weiterführende Gedanken des Pfarrers.
Die Planung für das Camburger Kirchenkochbuch 2018 möchte er in der nächsten Woche abschließen. Wer schnell ist, kann dem Pfarrer noch das Lieblingsrezept mit einem Bild zukommen lassen und das Projekt auf diese Weise unterstützen. Anschließend geht das Buch in den Druck, um rechtzeitig zum 1. September auf dem 15. Camburger Kirchplatzmarkt verkauft werden zu können.
Jene Märkte finden übrigens seit 2003 immer am ersten Septemberwochenende um die Kirche herum statt und ziehen jedes Jahr bis zu 1000 Neugierige an. Die Märkte sind auf Initiative der Gemeinde zurückzuführen. Pfarrer Greßler wollte unbedingt raus aus der Kirche, um etwas für und mit der Stadt zu machen. „Es gab die Idee, Kirche auf der Straße stattfinden zu lassen“, erinnert er sich. Gleichzeitig sollte es etwas mit Anspruch sein - mit Theater und kulturellem Angebot. Mit Spenden und dem Geld, das über vier Jahre auf den Märkten zusammenkam, konnte die Gemeinde ihre Schulden bis 2007 abtragen, die sich nach dem Bau eines neuen Gemeindehauses angehäuft hatten.
Die Camburger Kirchplatzmärkte hatten sich inzwischen etabliert und werden bis zum heutigen Tag fortgesetzt. „Die Märkte sind da, um Kirche mal anders zu erleben“, sagt der Pfarrer. „Für mich kommen hier Kirche, Kochen und Spaß zusammen.“ Der Erlös des bunten Markttreibens aus diesem Jahr, soll für die Tilgung des Kredits der neuen Kirchenorgel verwendet werden. Diese wurde gerade am 10. Juni fertiggestellt. Über die Zeit war die aus dem Jahr 1885 stammende Orgel in einem derart desolaten Zustand, dass sich die Gemeinde 2007 zu einem Neubau durchrang. Dabei wurden die alten, originalen sehr gut erhaltenen Pfeifen in die technisch neue Orgel eingebaut.
Aber Pfarrer Greßler kocht nicht nur für wohltätige Zwecke. Auch zu Hause, in der Beziehung, ist er der „kochende Part“. Das habe sich so ergeben. Gelernt hat er das Kochen damals bei den Eltern. Vieles habe er von der Mutter gelernt. „Es war immer schön, wenn wir zusammen gekocht haben“, denkt er zurück. Im Vergleich zu früher habe sich sein Kochen natürlich auch weiterentwickelt und verändert. Neben thüringischer Küche koche er auch sehr gern mediterran und asiatisch. Kommt die älteste Tochter zu Besuch, wird auch mal vegetarisch gekocht. Außerdem besitze er eine große Sammlung Kochbücher, die er mit Begeisterung lese. Neben den Rezepten enthalten sie oft regionale Geschichte oder interessante Hintergrundinformationen.
Kochen ist für Greßler zudem Ausgleich zum Beruf. Dieser bringt es mit sich, dass er viel unterwegs ist oder aber am Schreibtisch arbeitet. Auch abends hat er oft dienstliche Verpflichtungen. Deswegen nutzt er gern die kleine Küchen- und Mittagspause, um irgendetwas zu kochen oder ein Essen vom Vortag aufzubessern. Für ihn und seine Frau Dorothea Greßler, die im Kirchspiel Camburg-Leislau als Kirchenmusikerin tätig ist, ist das der Punkt am Tag, an dem sie zur Ruhe kommen. Früher saßen auch die zwei Töchter und der Sohn mit am Mittagstisch, doch die Kinder sind mittlerweile aus dem Haus.
Stellt sich die Frage, wann Pfarrer Greßler Zeit findet, Kochbücher zu schreiben? Er nutze dafür vorwiegend die frühen Nachtstunden. „Zwischen 22 und 2 Uhr habe ich Zeit für das Kreative“, sagt er. Dann entstehen Sachen - wie Kochbücher, Texte für Predigten oder auch Lieder.
Auf die Frage hin, ob er je habe Koch werden wollen, schmunzelt er und verneint. Bei der Berufswahl habe er zwischen Pfarrer und Orgelbauer geschwankt und sich letztlich für den Beruf des Pfarrers entschieden. „Mein Werdegang verlief eigentlich immer recht geradlinig“, erzählt der in Meiningen aufgewachsene Sohn eines Pfarrers.
Der 15. Kirchenplatzmarkt findet am 1. September, ab 12 Uhr, um die Camburger Kirche statt. Gäste erwartet ein buntes Markttreiben mit Trödel, Handarbeiten, Waren, Kultur, Theater und Essen. Es wird Angebote für Erwachsene wie Kinder geben. Ab 20 Uhr gibt’s Live-Musik, Biergarten, Orgelführungen und Lichterabend im Pfarrgarten. Für die Veranstaltung werden noch helfende Hände gesucht. Der Erlös ist für die Orgel bestimmt.
