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In vino veritas In vino veritas: Große Pläne

Von Frank Nowak 15.11.2020, 12:46
Jörn Goziewski ist zurück in Thüringen.
Jörn Goziewski ist zurück in Thüringen. Weinbeobachter.com

Man kommt derzeit vinophil fast nicht an ihm vorbei. Die Fachzeitschrift „Vinum“ hat ihn erwähnt als Ostrückkehrer aus der Westwelt. Das MDR-Thüringen-Journal hat ihn besucht, und Rudolf Knoll, der jetzt nur noch Rudi heißen möchte, hat ihm sogar ein Kapitel in seinem jüngsten Buch gewidmet: Jörn Goziewski.

Der Enddreißiger hat eine bewegte Vita. Nach Studium in Geisenheim und Reisen durch die Weinwelt, landete er im Rheingau als Kellermeister der Ankermühle. Nach einigen Jahren dort machte er sich mit einem guten Hektar selbstständig und produzierte vorrangig Riesling in Rüdesheim, aber auch Pinot Noir und in kleinen Mengen andere Rebsorten.

Biodynamische Produktion

Das Besondere aber, was ihn eben schon im Rheingau von den Kollegen abhob, ist die streng biodynamische Art, seine Weine zu produzieren. Daher kommen eben Monumente, wie sie die Fachwelt beschreibt, heraus, die sich von den typischen Rheingauern unterscheiden. Lange Maischegärung auch für Weißweine, Ausbau in verschiedensten Gebinden, Stahl, große Holzfässer, Tonneaus, Beton, Amphoren - Denkgrenzen gibt es da keine. So kreiert er mit einem Freund auch Weine aus der Pfalz, vertreibt in seinem Weinshop Tropfen des Weingutes aus Neuseeland, in dem er einst tätig war, oder von Freunden Rhabarber-Sekt aus dem Baltikum.

Und nun zurück in Thüringen. Im Frühjahr hat er zunächst drei Hektar in unmittelbarer Nähe des Erfurter Zentralfriedhofes bepflanzt. Riesling, Chardonnay und Spätburgunder dominieren, aber auch Muskateller kam in den Boden. Pfaffenlehne heißt das Flurstück mit imposanter Neigung. Nächstes Jahr sollen weitere zwei Hektar bestockt werden, insgesamt sollen es acht werden.

Partner gesucht und gefunden

Die Geschichte dahinter ist eben auch etwas anders. Goziewski hatte in einer örtlichen Zeitung über seine ehrgeizigen Ziele berichtet, den Weinbau in Erfurt - bislang mit zwei kleinen Pflanzungen an der Feste Petersberg in Nachbarschaft des Domensembles und im Erfurter Zoo präsent - auf größere Füße zu stellen und Partner gesucht. Die fanden sich in der Stiftung der Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer, die Land und Geld organisierten und Goziewski anstellten. Mit etwas Glück könnten hier in zwei Jahren die ersten Träubchen wachsen. Goziewski betreibt den Weinberg nicht alleine. Beim Aufreben war man zu viert. Künftig wird das Christophoruswerk Helfer abstellen, und auch Schüler der Edith-Stein-Schule sind dabei.

Zumindest gärtnerische Wurzeln bei Vorfahren

Goziewski hat jetzt nicht wirklich vinophile Vorfahren, aber mit seinem Opa, dereinst Direktor der Internationalen Garten-Schau (Iga), lagen zumindest gärtnerische Wurzeln in den Genen. Ein Praktikum nach dem Abitur im Rheingau war dann die Initialzündung; hier hat er nach eigener Aussage gemerkt, „das dieser Beruf alles hat, was mich interessiert“.
Obwohl es, wie gesagt, noch etwas dauert, bis Goziewski die Palette der Erfurter Weine erweitern wird, ist er dennoch schon aktiver Winzer in Thüringer Fluren.

In Hopfgarten hat er die Fläche der Familie Freyer übernommen, die sich auf ihre Rebzeilen in Weimar konzentriert. Wie in einer früheren Ausgabe berichtet, ist diese Fläche sogar als Steillage zertifiziert. Mit einem hilfreichen Nord-Süd-Gefälle, also einer prächtigen Südlage, kann auch die Pfaffenlehne dienen. Der Name deutet schon an, dass sie schon immer irgendwie mit der Kirche zu tun hatte. Und dass sie früher schon ein Bestandteil der großen Erfurter Weinflächen des Mittelalters war, lässt sich aus Straßen- und Flurnamen ableiten. So gibt es unweit eine Straße „Zum Weinberg“ oder eine Siedlung „Zur Weinsteige“.

Gut durchlüftete Hanglage ein Vorteil

Wie schon erwähnt, will Goziewski nach den strengen Demeter-Richtlinien arbeiten. Die entsprechende Zertifizierung ist beantragt. Die Hanglage ist sehr gut durchlüftet, was es einfacher macht, auf Pflanzenschutzmittel zu verzichten und mit biologischen Mitteln wie Begrünung, Kräutermischungen oder sehr viel Handarbeit auszukommen.
Wer sich jetzt schon in die Welt von Jörn Goziewski vortasten will, kann sich auf dessen Web-Shop unter „Jörn-Wein“ tummeln. Neben verschiedensten Rieslingen, natürlich ist auch ein Orange-Riesling darunter, wird man Kurioses entdecken - so einen Hopfen-Cidre, aber eben auch einen sehr ambitionierten Spätburgunder für stolze 45 Euro.

Derlei ist auch Ziel in Erfurt. Irgendwann mal. Jochen Born, Studienkumpel aus Geisenheimer Tagen, über Kumpel Jörn: „Er ist jetzt in einem Alter, in dem er langsam sesshaft werden kann. Da ist wohl mal ein Treffen bei einem guten Glas Wein fällig...“