Erlebnistierpark in Memleben Erlebnistierpark in Memleben: Känguru-Baby wird mit Nuckelflasche aufgezogen

Memleben - Ein Pflegekind der besonderen Art hat der Erlebnistierpark in Memleben unter seine Fittiche genommen. Seit Wochen wird dort ein Känguru-Baby großgezogen. Bei einem Gewitter war das kleine Känguru aus dem Beutel seiner Mutter gefallen und verstoßen worden, erzählte Tierpark-Chef Uwe Gehrmann. Tierpfleger haben das winzige noch total nackte Etwas im Gras der Känguru-Anlage entdeckt. „Da musste eine Entscheidung getroffen werden, weil das Muttertier sein Baby nicht mehr annahm. Versuche, es zurück zu geben, misslangen“, sagte Gehrmann.
Tierpflegerin Leona Klöppel zögerte nicht lange. „Ich mache das, ich versuche, es mit der Hand aufzuziehen, übernehme die Verantwortung“, erklärte die 23-Jährige. Erfahrung mit Handaufzuchten hatte die Tierpflegerin noch nicht, doch sie wusste, was auf sie zukommt. Denn eins war klar: Für die nächsten Monate würde das Känguru ihren Alltag bestimmen.
Ersatzbeutel selbst angefertigt
Normalerweise werden Känguru-Babys etwa neun Monate vom Muttertier im Beutel getragen, wie Klöppel erklärte. Diesen 24-Stunden-Job hat sie nun übernommen - mit einem schützenden Beutel, den sie aus Kinderhemdchen und weichen Handtüchern selbst anfertigte und vor dem Bauch trägt. In diesem imitierten Milieu eines echten Känguru-Beutels steckt das Tierchen gut geschützt und körpernah bei einer permanenten Wärme von 34 bis 35 Grad Celsius.
Alle drei Stunden, Tag und Nacht, muss der Känguru-Junge mit der Nuckelflasche gefüttert, vier Stunden vor der Fütterung das Milchpulver angerührt werden. Die notwendigen Tipps hat die Ersatz-Mama aus dem Zoo in Erfurt erhalten. Von dort bekam sie auch für die ersten Tage die Spezialmilch. Inzwischen bezieht der Tierpark die spezielle lactosefreie Aufzuchtmilch aus Australien, dem Land der Kängurus. „Das ist zwar ganz schön kostspielig, aber die Sache ist es uns wert, und wir sehen ja den Erfolg“, merkte Gehrmann an. „Ich bin ganz glücklich. Das Baby frisst gut, nimmt zu, wächst und gedeiht und hat keine Probleme mit der Milch“, fügte die Tierpflegerin hinzu.
Von Vorteil war, dass die Pfleger das Junge noch warm, nicht unterkühlt und nicht unterernährt aufgefunden und somit die Chancen des Überlebens gut gestanden hatten.Inzwischen zeigt sich das Bennett-Känguru putzmunter. Die intensive und zeitaufwändige Pflege zahlt sich aus. Denn wo sich Leona Klöppel aufhält, ist auch der Nachwuchs, dessen Haut mittlerweile ein dünnes Fellkleid schützt.
Jeden Abend, wenn sie zu Hause in Erfurt angelangt ist, badet Frau Klöppel das Känguru. Anschließend wird es mit einer speziellen Feuchtigkeitscreme eingerieben. Ihr Freund, so erzählte die Tierpflegerin, bringe viel Verständnis für das monatelange Leben zu dritt auf und helfe bei der Arbeit. Auch nachts schläft das Tier im Beutel bei der Ersatz-Mama, die sich schnell an die Liegepositionen gewöhnt hat, um das Känguru nicht zu drücken. Etwa vier Monate bleibt der Känguru-Junge noch im Schlafsack der Erfurterin.
Nachwuchs bei vielen Tieren
Wenn sie vorsichtig ihre Jacke öffnet streckt der Kleine inzwischen schon oft frech sein Köpfchen aus dem Beutel und schaut mit großen Augen umher. Staunende Blicke von Leuten gibt es immer wieder. Ab und an darf das Känguru-Baby schon mal im Gehege vorsichtig ein paar Schritte außerhalb seines Beutels wagen. Frau Knöppel betreut das Gelände der Bennett-Kängurus.Diese erreichen ausgewachsen eine Körpergröße von knapp einem Meter und zählen zu den kleineren Vertretern der 53 Känguru-Arten.
Der Erlebnistierpark besitzt ein Männchen und zwei Weibchen sowie ein Jungtier, das schon allein in der Anlage herumspringt. Der Betreiber der Einrichtung erzählte, dass er die Tiere vom halleschen Bergzoo erhalten hat und ist zuversichtlich: „Mit dem Verlassen des Beutels wird auch das Känguru-Baby nach und nach in die Gemeinschaft der anderen Bennetts integriert.“
Doch nicht nur die Kängurus, ebenso haben derzeit die Ziegen, Schafe, Erdmännchen und die Kamele Nachwuchs. „Es ist ein Zeichen, dass sich die Tiere bei uns wohlfühlen“, ordnete dies Gehrmann ein. Da haben die Tierpfleger alle Hände voll zu tun. Die gelernte Zootierpflegerin Leona Klöppel gehört seit Januar zum Team in Memleben. Sie kommt aus Eberswalde, wo sie im Zoo gearbeitet hat. Mit dem Umzug zu ihrem Freund nach Erfurt fand sie in Memleben eine neue Arbeitsstätte und als ErsatzMama zugleich eine besondere Herausforderung.