Am Galgenberg Am Galgenberg: Aussichten: 55 Grad Celsius schwül

Bad Kösen - „Kommen Sie schnell rein, es muss warm bleiben.“ Klaus Werner heizt sein Haus hoch, und das nicht, weil es draußen zu kalt wäre. Im Gegenteil. Auf der Terrasse kann man kurzärmlig sitzen, die Luft ist schön. Drinnen hingegen sind’s schon über 30 Grad Celsius, was noch ginge, wäre da nicht eine Luftfeuchte von beinahe 75 Prozent. Werner kommt ins Schwitzen. „Ich glaube, wir sollten wieder raus gehen“, sagt er. Vor’m Haus dann ein entspannter Blick ins Grüne des Galgenbergs und hinüber zum Köppelberg. „Dort waren wir noch nie.“ Die Zeit dafür wird sich finden, wenn alles gerichtet ist. Vielleicht schon bald.
Klaus Werner und Lebenspartnerin Steffi Frunzek - beide Rentner - gehören zu jenen, die am Rande des Galgenbergs ein Grundstück erworben haben. Rund 1300 Quadratmeter groß, darauf gesetzt haben sie ein Haus im Bungalowstil mit knapp 110 Quadratmetern Wohnfläche und gefertigt aus mit Beton ausgegossenen Styropor-Hohlkörpern. Insgesamt vier Zimmer samt großzügiger Wohnküche, dazu Räume für Sonstiges und die Haustechnik, außerdem eine Garage. Geheizt wird mit Erdwärme. Einen Keller gibt es nicht. „Da würde sich bloß zu viel Plunder ansammeln“, glaubt der Bauherr.
Nächsten Monat schon will das Paar einziehen. Bis dahin soll der Bau trocken sein, die Temperatur im Gebäude deswegen bis auf 55 Grad Celsius steigen, danach alles ausgebaut und die Fassade geputzt sein. Kaum zu glauben, doch Werner ist optimistisch: „Das klappt schon.“ Das „Revier“ haben sie bereits abgesteckt. Der Zaun steht, eine Esskastanie, die ersten Koniferen auch. Und der Walnussbaum. Den haben Steffi Frunzek und Klaus Werner aus Naumburg/Henne mitgebracht, wo sie derzeit noch wohnen. „Der ist nicht mehr der jüngste, aber wir wollten ihn unbedingt mitnehmen“, sagt die Hausherrin. In Krone und Wurzeln gestutzt, soll er wie die Esskastanie einmal Schatten spenden, schließlich hat die Terrasse eine sonnige Süd/West-Ausrichtung.
Für das Paar war das Grundstück erste Wahl. „Wir wollten etwas bauen, das auch im Alter passt. Unser jetziges Haus ist da aus vielerlei Gründen eher nicht geeignet“, erzählt Klaus Werner. Man habe sich viel umgesehen in der Region und schließlich im Tageblatt/MZ gelesen, dass das Wohngebiet entstehen soll. Da habe man sich sofort in die Spur gemacht. Die Lage sei erstklassig, die Anbindung stimme, genügend Einkaufsmöglichkeiten gebe es auch.
Man muss wissen, dass Klaus Werner mit Bad Kösen viel verbindet. Seit 1986 singt er in der Neuen Liedertafel, kennt viele Leute. Und er rechnet vor: „Das Geld, das ich all die Jahre in die Fahrten nach Bad Kösen - nicht selten drei-, viermal die Woche - investiert habe, kann ich jetzt sparen.“ Mit Sorge verfolgt er allerdings die Entwicklung im angrenzenden Seekurpark. Dass die Teiche dort verlanden, ist ihm unverständlich. Die Stadt - so Werner - müsse größtes Interesse haben, dass ihr der Park erhalten bleibe, egal, ob sie Eigentümer sei oder nicht. Kurz vor Weihnachten hatten die Arbeiten auf seinem Grundstück begonnen, zuvor war am Haus unterhalb der erste Dachstuhl gesetzt worden. Inzwischen stehen im Neubaugebiet „Am Seekurpark“ vier Häuser - alle eineinhalbgeschossig.
Der erste Abschnitt der sogenannten Seniorenwohnanlage „Am Seekurpark“ ist komplett erschlossen und weist aktuell 15 Parzellen aus. Laut NBG Grundstücksverwertungsgesellschaft sind noch vier zu verkaufen. Das geplante Servicegebäude mit Mietwohnungen ist noch nicht errichtet worden. Es rückt, so NBG-Geschäftsführer Bernd Warnecke, in den zweiten Bauabschnitt auf der anderen Seite der Erschließungsstraße. Der Bauantrag für diesen liege zur Bearbeitung in der Stadtverwaltung. Zur jüngsten Ortschaftsratssitzung war Kritik laut geworden am Baugebiet, Kriterien einer Seniorenwohnanlage seien nicht zu erkennen, hieß es. Die NBG, die die Parzellen vermarktet, bewirbt die Eigenheime als barrierefrei. (mhe)
Seine Nachbarn kennt Klaus Werner, wenn auch flüchtig. Beispielsweise einen Münchner, der aber gebürtiger Naumburger sein soll und wieder zurück in die Heimat möchte. Oder den Dresdner, der hierher zieht, weil er in der Nähe Arbeit hat. An Gesellschaft mangelt’s also jetzt schon nicht, wenngleich die meisten Grundstücke ringsum noch unbebaut sind. „Das wird sich sicher bald ändern - bei dieser Lage“, vermutet Werner und greift zum Spaten. Am Zaun muss noch ein Durchschlupf beseitigt werden. Wegen der Kaninchen, die sich einmal nicht an den Beeten gütlich tun sollen.