25 Jahre Mibrag 25 Jahre Mibrag: Warum der Herr der Schienen dem Bergbau die Treue hält

Profen - Amm Freitag feierte die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (Mibrag) Geburtstag. Das Bergbauunternehmen in Profen wurde vor einem Vierteljahrhundert privatisiert und wurde von Amerikanern übernommen. „Ich weiß es noch wie heute, als die Amerikaner kamen, herrschte zunächst mehr Unsicherheit als jetzt in Zeiten der Energiewende“, erinnert sich Joachim Fischer, Leiter des werkseigenen Bahnbetriebes.
In den 1990er Jahren habe eine unbeschreibliche Aufbruchstimmung geherrscht. „Ich erinnere mich gern an den ersten amerikanischen Chef Mister Schneider. Er kam wie ein Cowboy mit kariertem Hemd und hochgekrempelten Ärmeln zu uns in den Tagebau. Er gab sich sehr volksnah, mit ihm konnte man reden“, fährt Fischer fort. Fünf Geschäftsführer und zwei Eigentümerwechsel hat er nach der Wende erlebt, nach den Amerikanern kamen die Tschechen. Doch die habe er noch nie im Tagebau erlebt.
„Die goldenen Jahre in der Kohle sind vorbei, das wissen wir alle“
„Die goldenen Jahre in der Kohle sind vorbei, das wissen wir alle“, sagt Fischer. Die Tinte unter Vereinbarungen zum Strukturwandel sei noch nicht mal trocken, da würden die Festlegungen von grünen Politikern schon wieder in Frage gestellt. „Wir lassen uns im Tagebau nicht verrückt machen, denn bisher gibt es noch kein Gesetz zum Kohleausstieg“, sagt Fischer. Er ist 60 Jahre alt, möchte am 1. Dezember 2025 in Rente gehen. „Meine Truppe ist es wert, dass ich weiter mache.“ Seit der Wende leitet der Pegauer die Anschlussbahn im Tagebau.
Einen Strukturwandel haben die Kumpel schon längst erlebt: 1990 gab es rund 57.000 Beschäftigte in den Tagebauen in Mitteldeutschland. Neun Jahre später waren es noch 3.500 Leute, inzwischen sind es 2.737. Das sind die Mitarbeiter der Mibrag, der Tochterfirma Garten- und Landschaftsbau und etwa der Fernwärme GmbH Hohenmölsen. Im Unternehmen herrsche Anspannung, seit März ist der Absatz der Kohle spürbar zurückgegangen.
Zuwachs an Strom aus erneuerbaren Energien
Grund dafür ist der Zuwachs an Strom aus erneuerbaren Energien. „Entlassungen gab es bisher noch keine. Und auch die Kumpel selbst halten zu ihrem Unternehmen. In meiner Abteilung hat gerade mal einer gekündigt, weil er weggezogen ist“, sagt Fischer.
Der Zusammenhalt ist über Jahre gewachsen. Die berufliche Laufbahn von Fischer steht dabei symbolisch für viele andere im Revier. Nach seinem Abitur kam Fischer als Schüler im August 1978 in den Tagebau Profen-Nord, in das damalige „Braunkohlenwerk (BKW) Erich Weinert“. Im November ging er zur Armee, wurde anschließend an die Verkehrshochschule Dresden delegiert.
„Ich hätte auch gern Kfz-Technik studiert“
„Ich hätte auch gern Kfz-Technik studiert, doch diese Richtung war überfüllt und so entschied ich mich für das Transport- und Bahnwesen“, erzählt der gebürtige Sachse. Sein Vater war Elektroschlosser, die Mutter Verkäuferin. Die Eltern hatten drei Kinder und für sie sei es ein Glücksfall gewesen, dass ihr Sohn in der Kohle unterkam und studieren konnte. Nach dem Studium 1986 startete Fischer in den Beruf: „Ich habe damals wenig verdient, bekam 950 Ostmark Brutto.“
Seine berufliche Entwicklung ging schnell voran. Er wurde Leiter der Anschlussbahn Profen, trug vor der Wende für 896 Mitarbeiter Verantwortung. Dazu zählten 258 Lokführer, 69 Stellwerker und 64 Rangierleiter. Schon kurz nach der Wende 1990 nahmen 50 Prozent der leitenden Mitarbeiter ein Angebot zum Vorruhestand an. Nach der Privatisierung 1994 sank die Zahl weiter. Heute gibt es bei der Werkbahn 84 Beschäftigte. „Wir haben nur noch zwei eigene Züge mit je acht Waggons“, so Fischer. Früher waren es zehn. Im Tagebau gibt es bis heute etwa 80 Kilometer Gleisanlagen.
Kumpel im Tagebau hielten zusammen und feierten gemeinsam
Die Kumpel im Tagebau hielten zusammen und feierten gemeinsam, trafen sich in Sportvereinen. So war auch Fischer von 1974 bis zum Jahr 2010 beim Volleyball, heute kegelt er in Pegau. Früher gab es Veranstaltungen im Klubhaus Profen. Diese Zeiten sind vorbei. Im Klubhaus sitzt ein Teil der Verwaltung. Gefeiert wird heute anders. So findet am Samstag für alle Mitarbeiter ein Fest im Schlosspark Zeitz statt. (mz)