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230 Jahre alter Baum 230 Jahre alter Baum: Steinburgs Riesen-Esche darf bleiben

Von Gisela Jäger 23.03.2019, 08:59
Kostspielig und nicht alltäglich: In Steinburg wird geprüft, ob eine 230 Jahre alte Esche sicher ist - oder eine Gefahr für Leib und Leben. Maximilian Enders vom gleichnamigen Gartencenter aus Freyburg bringt ein Zugseil am Baum an.
Kostspielig und nicht alltäglich: In Steinburg wird geprüft, ob eine 230 Jahre alte Esche sicher ist - oder eine Gefahr für Leib und Leben. Maximilian Enders vom gleichnamigen Gartencenter aus Freyburg bringt ein Zugseil am Baum an. Jäger

Steinburg - Im kleinen Steinburg bewegt eine rund 230 Jahre alte Esche die Dorfgemeinschaft. Bei den letzten orkanartigen Stürmen hatten Anwohner mit Blick auf den Baumriesen viele unruhige Stunden verbracht. Kann der Baum umstürzen, Häuser beschädigen, Leib und Leben gefährden? Der Ruf nach dessen Fällung wurde laut. Andere wiederum im Ort wollen das Wahrzeichen unbedingt erhalten wissen und forderten von der Verwaltung eine Überprüfung dessen Standsicherheit ein, um endlich Klarheit zu haben. Für die kostspielige Analyse sammelten sie sogar Spenden ein.

Die Überprüfung ist jetzt erfolgt - und das Ergebnis wird vermutlich auf einer Seite keine Freude auslösen. „Nach jetzigem Kenntnisstand kann die über 230 Jahre alte Esche auf dem Steinburger Friedhof stehenbleiben“, verdeutlicht Rupert Schlosser, Bürgermeister der Gemeinde Finneland, der beim Check mit VG-Teamleiter Recht und Ordnung, Maik Wittke, vor Ort war. „Die computergestützte Untersuchung durch Baumgutachter Rainer Gerber und die Prüfung der Baumkrone durch Baumpfleger Maximilian Enders vom Gartencenter aus Freyburg gibt Entwarnung, zeigt aber auch, dass aus der Baumkrone bedenkliche Äste und Totholz entfernt werden müssen“, so Schlosser.

Gefährlich oder nicht - die Standsicherheit der Esche ist im Dorf schon lange ein heißes Eisen. Bereits im vorigen Frühjahr war begonnen worden, den Baum von der Krone beginnend abzutragen und stückweise zu fällen. Eine in der Nähe stehende alte Buche nahe an Wohnbebauung musste bereits weichen. Auf die beginnenden Sägearbeiten an der Esche war dann allerdings Familie Büttner aufmerksam geworden. Ihre Meinung: Der Baum ist noch vital genug, um stehenbleiben zu können, ganz abgesehen davon, dass dieser mit seinem alten Efeubewuchs am Stamm dem Friedhof eine besondere Charakteristik verleiht. Sebastian Büttner, der mit Frau und drei Kindern unlängst das Elternhaus übernommen hatte, schaffte es schließlich, dass weitere Fäll-Arbeiten eingestellt wurden. Er suchte und fand Unterstützer sowie Sponsoren für den Erhalt der Esche, so dass es zum Spendenaufruf und schließlich dem Fachgutachten kam.

Hochempfindliche Sensorik

Familie Büttner war nun selbstverständlich dabei, als Diplom-Biologe und Baumgutachter Rainer Gerber mit Unterstützung von Maximilian Enders Sensoren und Messtechnik am Baum installierte. Per Zugversuch wurde eine Lastanalyse durchgeführt, eine Standsicherheitsuntersuchung, die - so Gerber - vor etwa 30 Jahren entwickelt worden sei. Deutschlandweit arbeitet demnach nur eine Handvoll Sachverständiger mit dieser hochempfindlichen Sensorik. Vorteil ist, dass der Baum nicht angebohrt werden muss. Die Esche wurde vielmehr mit Zug- und Drucktechnik belastet, um eine entsprechende Analyse zu erstellen. Gerber: „Per Zugseil wird ein starker Sturm simuliert, um die Neigung des Baumes mit einem Elastometer zu berechnen. Auf ein tausendstel Grad Genauigkeit kann damit die Bruchsicherheit ermittelt werden.“ Die Begutachtung könne mit der Empfindlichkeit von Erdbebenmessgeräten verglichen werden.

Ein erstes Ergebnis

Auch der Efeubewuchs im Kronenbereich ist in die Diagnose einbezogen worden, zusätzlich die Festigkeit des Wurzeltellers. „Die genauen Berechnungen werden erst in den nächsten Tagen zur Verfügung stehen, aber man kann jetzt schon sagen, dass der Baum standsicher ist“, beteuert Baumgutachter Gerber, der sein Büro in Unterfranken hat und bundesweit unterwegs ist.

Sebastian Büttner und sein Vater jedenfalls waren nach der rund zweistündigen Untersuchung erleichtert angesichts dieser Aussage. Der Baum scheint gerettet. Ob die gute Nachricht dafür sorgen kann, dass sich die Wogen im Dorf glätten, wird sich noch zeigen müssen.

Baumgutachter Rainer Gerber befestigt Sensoren zur Standfestigkeitsmessung am Stamm der 230 Jahre alten Esche.
Baumgutachter Rainer Gerber befestigt Sensoren zur Standfestigkeitsmessung am Stamm der 230 Jahre alten Esche.
Gisela Jäger