100 Jahre Bäckerei in Wählitz 100 Jahre Bäckerei in Wählitz: Der Meister wird zum Berater

Wählitz - „Du kannst dich auf mich verlassen“, sagt Reinhard Hanke und dreht seinen Kopf zu seinem Gesellen Jens Leder. Im nächsten Jahr will der 80 Jahre alte Bäckermeister sein Geschäft nach über 40 Jahren an einen Nachfolger abgeben. „Ich bin gesundheitlich ja noch fit, ganz ausscheiden will ich nicht. Kleine Reparaturarbeiten oder andere Hilfsarbeiten kann ich noch übernehmen“, sagt der rüstige Senior und lächelt.
Nachfolge ist geklärt
Es ist eine Nachricht, auf die viele Wählitzer und andere Leute aus der Hohenmölsener Region sicher schon seit Jahren gewartet und gehofft haben: Die Zukunft der Bäckerei Hanke aus Wählitz ist gesichert. Jens Leder, der auch schon seit über 20 Jahren in dem Betrieb arbeitet, wird im kommenden Jahr die Nachfolge von Reinhard Hanke übernehmen und das Geschäft fortan offiziell leiten. „Ich bin sehr froh darüber und denke, dass das eine gute Lösung ist“, sagt Hanke.
Einen besseren Zeitpunkt hätte es wohl gar nicht geben können, um diese Nachricht zu verkünden. Denn das Traditionsgeschäft besteht in diesem Jahr seit genau 100 Jahren. Und es nicht das einzige Jubiläum. Vor 65 Jahren ist Hanke ins Arbeitsleben eingetreten, vor 45 Jahren hat er seinen Meister gemacht. „Und ich selber bin dieses Jahr 80 Jahre alt geworden“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln.
„Wir wollten mit unseren Kunden feiern"
Eine große Sause angesichts des 100-jährigen Firmenjubiläums war zunächst angedacht - die Corona-Pandemie machte den Plänen aber einen Strich durch die Rechnung. „Wir wollten mit unseren Kunden feiern, aber da hängt angesichts der derzeitigen Umstände so viel dran. Letztlich haben wir nur mit den Angestellten etwas gefeiert“, erzählt der Wählitzer.
Neun Personen beschäftigt Hanke in seiner Bäckerei. Ihnen eine berufliche Zukunft und Perspektive zu bieten, sei ihm wichtig. Das sieht auch sein Nachfolger so. „Es muss hier weitergehen, für mich und für alle anderen“, erklärt Leder seine Hauptbeweggründe, das Geschäft zu übernehmen. Dies wird im kommenden Jahr der Fall sein. Einen genauen Übergabetermin gibt es noch nicht, Hanke schwebt ein Datum um den 1. Mai vor. Bis dahin müssen noch entsprechende Verträge ausgearbeitet werden.
44-Jähriger ist selbst kein Meister
Leder selbst will bis zu der Übergabe noch einen Gründerkurs belegen. Der 44-Jährige ist selbst kein Meister, sondern nur Geselle und dürfte den Betrieb deshalb eigentlich gar nicht übernehmen. Von der Handwerkskammer habe er jedoch eine Ausübungsberechtigung erhalten. „Wenn man mehrere Jahre in einem Betrieb in leitender Funktion tätig ist, darf man diese beantragen“, erklärt der Hohenmölsener. Nur Ausbilden darf er mit dieser Bescheinigung nicht.
Doch auch wenn er erst 2021 offizieller Inhaber der Bäckerei sein wird, ist er es praktisch gesehen schon seit Jahren so gut wie. Vor zehn Jahren hat sich Reinhard Hanke immer mehr aus dem Alltagsgeschäft zurückgezogen, agiert seitdem mehr im Hintergrund. „Man wird ja nicht jünger und die Zeit ist irgendwann reif“, sagt der Bäckermeister. Die ganze Organisation des Betriebes, die Warenbestellung - all das hat Jens Leder in der Vergangenheit schon übernommen.
Hanke selbst hat zuletzt nur noch in der Weihnachtszeit in der Backstube gestanden - beim Stollenbacken. „Er macht ja jetzt schon alles, der Übergang wird fließend sein“, sagt der 80-Jährige. Seinem Gesellen wolle er aber auch in Zukunft in beratender Funktion zur Seite stehen und bei Bedarf mit helfen. Und sonst? Seinem Garten und dem Haus will er sich weiter widmen. Kegeln, die Feuerwehr und der Fußball seien weitere Nebenbeschäftigungen, denen er nachgehen will.
Auf Altbewährtes setzen
Für Jens Leder beginnt indes ein neues Kapitel seines Bäckerlebens - einen Beruf, den er sehr gern ausübt. Groß ändern soll sich nichts, außer, dass er auf dem Papier nun der Inhaber ist. Die Bäckerei wird auch weiterhin den Namen Hanke tragen. Frei nach dem Motto: Altbewährtes sollte man nicht ändern. „Der Name hat sich bei den Leuten eingeprägt. Ihn zu ändern, wäre kontraproduktiv“, so der 44-Jährige.
Auch, was das Sortiment betrifft, bleibt erstmal alles wie gehabt. „Die Leute wollen das, was es schon immer gibt. Wir hatten auch mal neue Sachen ins Sortiment genommen, aber die kamen nicht so an“, erklärt Leder. Sein Meister ergänzt - mit all seiner Erfahrung aus über 60 Bäcker-Jahren: „Der Kunde entscheidet“. (mz)