1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Auf großer Tour: Auf großer Tour: Mit dem Fahrrad um die Welt

Auf großer Tour Auf großer Tour: Mit dem Fahrrad um die Welt

Von Michael Tempel 12.01.2005, 20:18

Halle/MZ. - Abenteuer-Schriftsteller Jules Verne ließ seinen Helden Phileas Fogg in 80 Tagen um die Welt reisen. Extremradfahrer Oliver Schmidt und seine russische Freundin Elena Poddubnaja wollen sich mehr Zeit lassen, wenn sie auf dem Fahrrad den Globus umrunden. Aber auch das wird ein Abenteuer, zumal die beiden sich auf eine Route auf der bisweilen recht ungemütlichen Nordhalbkugel festgelegt haben. Dabei gehört auch die Querung der Beringstraße im Kajak dazu. Ende dieser Woche wollen sie aufbrechen.

In den vergangenen Tagen hatte das Paar mächtig Stress. Die Ausrüstung musste zusammengestellt werden, Behörden-Formalitäten waren zu erledigen. Ungeduldig warteten die beiden auf das Eintreffen der Spezialruder für ihre Kajaks. "Ich bin froh, wenn es endlich losgeht", sagt Schmidt.

Schon die geplante Route über 40 000 Kilometer verrät, dass das kein Zuckerschlecken wird. Über Polen und Weißrussland wollen Schmidt und seine Partnerin in die Weiten Russlands vordringen. Neben Moskau und Nowosibirsk stehen Irkutsk, Jakutsk und die Pazifikküste im Fernen Osten auf dem Streckenplan (siehe Karte).

Über die an der schmalsten Stelle etwa 80 Kilometer breite Beringstraße wollen die beiden in Kajaks nach Alaska paddeln. "In der Mitte der Meerenge wollen wir auf einer Insel übernachten", erläutert die 28-jährige Poddubnaja. Ein gewagtes Unterfangen: Die Räder und das andere Gepäck sollen dabei mit auf den Booten transportiert werden. Die anschließenden Etappen führen durch Kanada, Grönland, Island, Schottland und Skandinavien zurück ins 1 000-Seelen-Dorf Brachstedt.

Die größten Herausforderungen lauern wohl im Fernen Osten Russlands - in der Region Chukotka. Schmidt: "Dort gibt es kaum Straßen und die Gegend ist kaum bereist." Spannend dürfte auch die Passage vom Osten Kanadas nach Grönland werden. Wenn die Davis-Straße vereist ist, will das Duo gleich im Sattel sitzen bleiben. Ansonsten - und das gilt auch für andere Meeresüberfahrten - wollen sich Poddubnaja und Schmidt um preiswerte Passagen auf Frachtern oder Fähren bemühen.

Immerhin rund 70 Kilogramm Gepäck werden die beiden Extremsportler auf ihren Rädern und auf Anhängern transportieren: unter anderem Schlafsäcke, ein Zelt, Fahrradwerkzeug und Zubehör sowie sibirien-erprobte Kleidung wie Filzstiefel und Handschuhe aus Schaffell. "Die Kajaks reisen mit dem Flieger voraus", sagt Schmidt, der an der Uni Halle Geografie studiert. Werden die Boote nicht mehr benötigt, sollen sie nach Hause geschickt werden.

Die Ausstattung haben die Herstellerfirmen gesponsert. So fahren die angehenden Weltreisenden Räder einer Leipziger Firma mit 14-Gang-Nabenschaltungen. Schmidt: "Diese Schaltungen sind nicht so anfällig." Ein Hauptsponsor der Tour sind Schmidts Eltern. Sie betreiben in Brachstedt einen Tante-Emma-Laden und helfen bei den Reisekosten, die Schmidt auf 10 000 Euro schätzt. Diavorträge, ein Film und Bildbände sollen die Kosten später refinanzieren.

"Erfahrungs-Hunger und Neugier" nennen Schmidt und seine Freundin als Antrieb für ihre Art zu reisen. Kennen gelernt hatten sie sich vor wenigen Jahren, als Schmidt auf einer früheren Tour bis auf die russische Halbinsel Kamtschatka geradelt war. Dort lehrte die junge Frau Deutsch und Englisch an einer Uni. 2003 radelten sie bereits gemeinsam nach China.

Nach der Rückkehr nach Brachstedt in eineinhalb bis zwei Jahren will Schmidt sein Studium abschließen. Pläne für die fernere Zukunft hat das Paar ebenso: Die beiden wollen Führungen für Touristen und Fahrradfans durch den Fernen Osten Russlands veranstalten.