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Arbeitsalltag eines Lokführers Arbeitsalltag eines Lokführers: Führerstand statt Fußball

Von Alexander Schierholz 29.07.2007, 18:50

Halle/MZ. - Traumberuf Lokführer? Ein ganz normaler Dienstplan von Eberhard Panke aus Halle sieht zum Beispiel so aus: Vier Tage Frühschicht, Start zwischen zwei und sechs Uhr, zwei Tage frei, drei Spätschichten ab mittags, ein Tag frei, vier Nachtschichten. Jeder Dienst fängt zu einer anderen Zeit an, weil jeder Zug unterschiedlich abfährt. Jede Schicht dauert zwischen sieben und zwölf Stunden. Traumberuf Lokführer?

"Ach nein", sagt Eberhard Panke. Seit fast 30 Jahren macht der 51-Jährige jetzt diesen Job, aber ein Traum, sagt er, sei das nie gewesen. "Nicht so wie bei anderen Jungs." Wegen der in der DDR vergleichsweise guten Verdienstmöglichkeiten sattelte der gelernte Elektromonteur ein paar Jahre nach seiner Lehre in den 70er Jahren um. Damals waren zu besten Zeiten 600 Lokführer in Halle stationiert, heute sind es noch 180, die für den Regionalverkehr der Deutschen Bahn unterwegs sind. "So wenig wie noch nie", so Panke.

Der Ausflug fällt aus

Ihr Dienst ist streng geregelt. Die Schichtpläne stehen drei Wochen im Voraus fest. "Wenn ich frei haben will, rufe ich an, wenn ich wegen Personalknappheit für einen Kollegen einspringen soll, werde ich angerufen." Soweit die Theorie.

Die Praxis sieht so aus: "Meist herrscht Personalmangel." Panke und seine Kollegen müssen Zusatzschichten schieben. Das geht zu Lasten eines geregelten Familienlebens und der Freizeit. Gerade in den Sommermonaten passiert das häufig. Die Fußballer von Grün-Weiß Ammendorf, wo er bei den Alten Herren als linker Verteidiger spielt, müssen dann auf ihn verzichten. Auch den Familienausflug kann der Hallenser vergessen. "Meine Frau hat sich daran gewöhnt", erzählt er, "sie war selbst lange Zugbegleiterin, sie kennt den Schichtbetrieb."

Wie viele Überstunden Eberhard Panke in diesem Jahr schon angesammelt hat, kann er nicht sagen. "Aber wir sind alle im Plus." Trotzdem mag er seinen Beruf eigentlich ganz gern. "Ich bin mein eigener Herr, ich könnte mich nicht ans Fließband stellen." Mit den unregelmäßigen Dienstzeiten hat er sich arrangiert. Was ihn ärgert, sind die vielen Unwägbarkeiten. Dass wieder ein Kollege ausgefallen ist. Dass Baustellen häufig die Schicht verlängern.

Diverse Zuschläge

Und dann ist da noch der stark gewachsene Arbeitsumfang: "Rangierer, Wagenmeister oder Tankwarte gibt es fast gar nicht mehr. Das machen alles wir mit." Der Regionalzug um 5.15 Uhr von Halle nach Wittenberg war neulich Pankes erste Tour. Dienstbeginn: 3.38 Uhr. Der Lokführer muss den Zug betriebsbereit machen, Strom und Licht einschalten, wichtige Funktionen wie Türen oder Bremsen prüfen. Und wenn es sein muss, noch eine defekte Lok tauschen, immer den Fahrplan im Nacken. Solche Zusatzarbeiten, sagt Panke, hätten immer stärker zugenommen. "Wir sind für fast alles verantwortlich."

Derzeit erhalten Lokführer ab vier Berufsjahren 2 142 Euro brutto. Hinzu kommen einige hundert Euro Zuschläge - für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtschichten und pro Schicht eine "Fahrzulage". Insgesamt könne man davon leben, sagt Panke. Wie viel er genau rausbekommt, verrät er nicht. "Aber es kann ja nicht sein, dass wir nur noch Nachtschichten machen, um über die Runden zu kommen." Doch sind bis zu 31 Prozent mehr, wie die GDL sie verlangt, nicht unangemessen? Er sieht das nicht so. Zumal es sich um eine Gesamtforderung handele, in der Grundgehalt und alle Zuschläge zusammengefasst seien.

Die Personaldecke wird noch dünner werden, prophezeit Panke. "Wenn ab Dezember die hallesche S-Bahn nur noch jede halbe Stunde fährt und die Züge nach Schkopau wegfallen, wird man sicher wieder Kollegen in den Westen versetzen." Die Dienstpläne werden dann wohl noch öfter umgeworfen, fürchtet er.