1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Zugausfälle: Anschlag Deutsche Bahn: Fahrgäste kritisieren fehlende Infos nach Brandattacken

Zugausfälle Anschlag Deutsche Bahn: Fahrgäste kritisieren fehlende Infos nach Brandattacken

Von Christiane Rasch und Steffen Höhne 19.06.2017, 21:02
Eine Hinweistafel informiert in Berlin die Reisenden und Pendler im S-Bahnhof Treptower Park über einen Kabelbrand. 
Eine Hinweistafel informiert in Berlin die Reisenden und Pendler im S-Bahnhof Treptower Park über einen Kabelbrand.  dpa

Halle (Saale)/Leipzig - Zugausfälle, Verspätungen, Ersatzverkehr: Die Auswirkungen der Brandanschläge auf Anlagen der Deutschen Bahn bekamen am Montag insbesondere Pendler und Reisende zu spüren. Am Hauptbahnhof in Halle bildeten sich lange Schlangen vor dem DB-Infoschalter.

Mittendrin der Hallenser Jürgen Breitenborn, dem Schweiß und Frust auf der Stirn standen. „In zwanzig Minuten müssen meine Frau und ich eigentlich am Flughafen sein“, so Breitenborn. Mit seinen Koffern saß das Ehepaar bereits in der S-Bahn zum Flughafen Leipzig/Halle, doch es ging nicht los. Dann informierte ein Bahn-Mitarbeiter: Die Bahn fährt den Flughafen nicht an. Gründe wurden nicht genannt.

Taxen am Hauptbahnhof Halle Mangelware

Auch Informationen, wie Breitenborns zu ihrem Ziel kommen können, fielen spärlich aus. Eine Bahnmitarbeiterin wusste nicht genau, ob der Schienenersatzverkehr ab Schkeuditz funktioniere. Deshalb riet sie dem Paar, ein Taxi zu nehmen. Die aber waren am Montag Mangelware am Hauptbahnhof.

Gleiche Situation in Leipzig um 9 Uhr: Lehrer Andreas Mund wollte mit seiner Klasse nach Weimar fahren. „Auf dem Programm standen eigentlich Goethe und Schiller“, sagte er. Er schaute bang auf die Anzeigetafel. „Allgemeine Durchsagen zur Lage kommen hier ja nicht.“ Eine Schülerin verfolgte über ihr Smartphone auf Nachrichtenseiten die aktuelle Lage.

Sie informierte den Lehrer dann über den Stand der Dinge. So erfuhr der Lehrer von den Brandanschlägen. Ob es mit Weimar am Montag noch klappt, wusste Mund nicht.

Kritik an fehlenden Informationen durch die Deutsche Bahn

Auch bei der Bahn selbst waren Informationen am Montag eher rar. Am späten Nachmittag ist der Unternehmenssitz in Leipzig von großflächigen Netzwerkstörungen betroffen gewesen. Eine MZ-Anfrage beantwortete Pressesprecherin Erika Poschke-Frost per Handy.

Aus welchem Grund Reisende in Halle und Leipzig offenbar nicht über Lautsprecherdurchsagen auf die Störungen aufmerksam gemacht wurden, konnte sie nicht beantworten. „Die Kollegen waren bemüht, so schnell wie möglich zu informieren“, so die Sprecherin.

Anschläge auf Bahn: Ersatzbusse im Raum Leipzig

Auch in welchem Ausmaß der Bahnverkehr zwischen Halle, Leipzig und Dresden am Montag von Einschränkungen betroffen war, könne sie nicht sagen, da es noch keine entsprechenden Zahlen gebe. Unklar ist auch, wann der Bahnverkehr wieder normal anläuft. Laut Poschke-Frost dauern die Reparaturarbeiten noch bis Dienstag. Reisende müssten daher nach wie vor mit Umleitungen im S-Bahnverkehr rechnen. Im Raum Leipzig würden weiter Ersatzbusse eingesetzt.

Nach Angaben der Bundespolizei wurden von den bundesweit 13 Anschlägen allein vier in Leipzig verübt. Dabei wurden Kabelanlagen in Leipzig-Leutzsch, Riesaer Straße, Wiederitzsch und Slevogtstraße durch Brandsätze zerstört. Die Täter nutzten dazu offenbar Kabelschächte. Laut Bundespolizei wurde der erste Anschlag um 2.40 Uhr in Leipzig gemeldet. „In einem Fall konnten Brandvorrichtungen unschädlich gemacht werden, bevor sie Schaden anrichteten“, sagte ein Sprecher.

Neben Leipzig waren Berlin, Hamburg, Köln, Leverkusen, Dortmund und Bad Bevensen in Niedersachsen betroffen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die Kabelbrände gingen auf unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen zurück. Täter wurden bislang nicht gefasst.

Bekennerschreiben nach Anschlägen auf Deutsche Bahn veröffentlicht

Dafür liegt ein Bekennerschreiben aus der linksextremistischen Szene vor, das auf dem Internet-Portal von Indymedia veröffentlicht wurde. Auf der Internetseite wurde das Schreiben auch rege kommentiert, auch die meisten bekennenden Linken dort konnten den Anschlägen nichts Gutes abgewinnen. So heißt es: „Ganz großes Tennis. Arbeitnehmer werden beeinträchtigt, während die Wohlhabenden mit ihren PKWs fahren.“ Oder: „Ich wäre so ein Pendler. Sympathisiere auch mit militanten Aktionen und trotzdem finde ich die Aktion nicht gerade clever. Was heißt hier Auszeit? Stress trifft es eher.“ (mz)