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Abwrackprämie Abwrackprämie: Hochdruck am Schrottplatz

Von CAROLINE BERTHOT 05.02.2009, 19:33

BENNSTEDT/MZ. - Der Grund: Die staatliche Abwrackprämie von 2 500 Euro, mit der die Automobilindustrie in Zeiten der Krise unterstützt werden soll. Allein an diesem Vormittag lassen drei Autobesitzer ihren alten Wagen auf dem Schrottplatz zurück. Innerhalb von 14 Tagen - seitdem kann die Prämie beantragt werden - wurden hier schon 45 Autos zum Verschrotten abgegeben. Dreimal so viel wie sonst.

Unerwarteter Aufschwung

Wie positiv sich die Prämie auf die Bilanzen der Autobauer auswirken wird, zeigt sich erst in einigen Monaten. Ein Gewinner aber steht für Dieter Uhlmann schon heute fest: die Autoverwerter. "Dass die Kunden mir so die Bude einrennen, hätte ich nicht gedacht", sagt der 68-Jährige, der seit 1991 das Geschäft mit dem Abwracken betreibt.

Ein Kunde kommt aus dem benachbarten Kreis Mansfeld-Südharz. Der Mann ist 45 Jahre alt. Seinen Namen will er nicht nennen. Aber er lässt keinen Zweifel daran, dass er einen guten Schnitt gemacht hat. "Die Abwrackprämie für meinen zehn Jahre alten Toyota kommt genau zum richtigen Zeitpunkt." Ein fabrikneuer Kleinwagen ist bereits bestellt. Und beim Händler hat er zum Verschrottungsbonus noch weitere Prozente herausgeholt.

Dass sein Schrotthandel brummt, ist für Dieter Uhlmann ein Grund zur Freude - und gleichzeitig zur Sorge: "Ich habe schon schlaflose Nächte wegen der vielen Autos. Langsam weiß ich nicht mehr, wohin damit." Die Oldtimer, die der gelernte Kfz-Schlosser in der Werkshalle abgestellt hat, wurden enger zusammengestellt, um mehr Platz für die Autowracks zu schaffen. Jeder Winkel des 10 000 Quadratmeter großen Geländes wird momentan genutzt. Und dennoch: "Wenn das mit dem Abwracken so weitergeht, kommen wir bald an unsere Grenzen", betont Uhlmann. 80, höchstens 100 Autos bekomme er noch unter. Dann muss er neuen Platz schaffen. Das heißt auf einem Schrottplatz: Es muss gepresst werden.

Material ist dafür genug da, rund 300 Wracks stehen derzeit auf dem Gelände in Bennstedt - endlose Reihen aus Karosserien, meterhoch übereinandergestapelt. Modelle, die man seit Jahren nicht mehr auf den Straßen gesehen hat, fristen hier ihr Dasein. An den Autos ist nicht mehr viel dran. Motor, Getriebe, Kühler, Anlasser - alles, was noch als Ersatzteil verkauft werden kann, bauen Uhlmanns Schrauber aus. Zu tausenden liegen die Teile fein säuberlich aufgereiht in der Lagerhalle. Die Sorgfalt lohnt sich, bilden Stoßdämpfer und Co. doch die Haupteinnahmequelle beim Verwerten.

Eineinhalb Jahre stehen die Karossen normalerweise als Ersatzteillager auf Uhlmanns Hof - bevor die Autos zu Schrottpaketen werden. Doch durch den unerwarteten Zustrom an neuen Wracks muss jetzt zwingend gepresst werden. Ein Schritt, den der 68-Jährige angesichts des derzeit schlechten Schrottpreises von 30 Euro pro Tonne nicht gerne tut. Und doch wird er bald zum Telefon greifen und die mobile Presse bestellen. Sonst kommt die alle drei Monate und macht mit mehreren Tonnen Druck aus den Autos 2,50 Meter mal 1,50 Meter große Schrott-Würfel. Die wiederum landen später in der Schredderanlage. Das Ende eines Autos.

Aufklärungsarbeit erforderlich

Der Gabelstapler saust vorbei, bringt ein Auto in die Werkstatt, hievt ein anderes auf den Stapel derer, die als erste in die Presse sollen. Dieter Uhlmann zieht es wieder ins Büro, neue Kundschaft. Und wieder ein Fall, bei dem erstmal Aufklärungsarbeit geleistet werden muss. "Viele denken, dass sie ihr Auto herbringen und die 2 500 Euro Prämie bar auf die Hand kriegen. Denen müssen wir erst mal erklären, dass es anders läuft", sagt Uhlmann. Denn die Abwrackprämie gibt es erst beim beziehungsweise nach dem Neuwagenkauf, auf dem Schrottplatz wird nur der Verwertungsnachweis ausgestellt. Geduldig erklärt Uhlmann, der sich eine bessere Informationspolitik der Bundesregierung gewünscht hätte, dem Autobesitzer das Prozedere. Der Begriff Abwrackprämie ist allerdings verwirrend. Viele Wagen, die derzeit auf Uhlmanns Hof landen, sind noch gut in Schuss. Weil er daher selbst viel mit den Ersatzteilen verdienen kann, zahlt er seinen Kunden zusätzlich noch eine "Entsorgungsprämie". Deren Höhe richtet sich nach dem Zustand des Fahrzeuges.

Dann geht alles schnell: Unterschrift und Stempel auf die Verwertungspapiere, Schlüssel und Fahrzeugschein wechseln den Besitzer und wieder ist ein Auto "abgewrackt". Nicht nur für die Besitzer ein bedrückender Moment. Angesichts des noch gut erhaltenen Wagens wird Schrotthändler Uhlmann wehmütig: "Da blutet einem schon das Herz, wenn man so ein Auto verschrotten muss." Doch einmal zum Verschrotten abgegeben, gebe es kein Zurück mehr. "Die Autos, die hier stehen, werden Schrott, da geht nichts wieder vom Hof."