Tausende Reisende betroffen Abellio-Personalmangel stoppt Züge in Mitteldeutschland

Halle (Saale) - Wegen Lokführermangels fahren bei der privaten Bahngesellschaft Abellio in Mitteldeutschland viele Züge nicht. „Im Monat Juni haben wir 180 ausgefallene Fahrten registriert“, sagt Peter Panitz vom Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (Nasa).
Davon seien 135 personalbedingt gewesen. Die Nasa bestellt im Auftrag des Landes den Verkehr im sogenannten Saale-Thüringen-Südharz-Netz bei Abellio und bezahlt diesen auch.
Auf der Strecke Halle-Sangerhausen-Erfurt fielen vor allem am Wochenende 24./25. Juni viele Fahrten weg. „Wir standen zuerst in Halle und bei der Rückfahrt auch in Erfurt am Bahnsteig und kein Zug kam“, klagt eine Betroffene.
Personalmangel bei Abellio: Ergebnis diverser Faktoren
Auch Anzeigen an den digitalen Bahnsteigtafeln oder Durchsagen habe es nicht gegeben. Insgesamt dürften tausende Reisende betroffen gewesen sein.
Abellio bestätigt die Ausfälle. Als Grund nennt das Unternehmen Urlaub und unvorhergesehene Krankmeldungen von Mitarbeitern. Firmensprecher Matthias Neumann macht für die Beeinträchtigung jedoch auch die vielen Baustellen rund um den Bahnhof Halle und Unwetterschäden verantwortlich.
Der Bahnhof Halle wird wegen des neuen Güterverkehrsknotens und der ICE-Trasse Berlin-München komplett umgebaut. Anstatt eines Fahrplans von Dezember 2016 bis Dezember 2017 gibt es im Abellio-Netz nun sechs Teilfahrpläne.
Personalmangel bei Abellio: Nicht der einzige Anbieter mit Problemen
„Zudem hatten wir im Juni 17 zusätzliche kleinere Baustellen“, so Neumann. Das bedeute mitunter längere Fahrzeiten. „Da für unser Personal bestimmte Ruhezeiten vorgeschrieben sind, kommen wir mit unseren Kapazitäten an die Grenzen“, so Neumann. „Wenn dann ein Kollege kurzfristig erkrankt, wird es schwer, Ersatz zu finden.“ Auch ein Schienenersatzverkehr sei kurzfristig nicht zu organisieren.
Der Auftraggeber Nasa kennt das Problem der Baustellen. „Dennoch sind die Zugausfälle nicht akzeptabel“, so Panitz. Man werde die ausgefallenen Züge nicht bezahlen. Betroffen sind 3,2 Prozent der insgesamt 5.613 Fahrten im Juni.
Nicht nur Abellio kämpft mit Personalproblemen. Vor einem Jahr stellte der private Anbieter Harz-Elbe-Express (Hex) auf der Strecke Halberstadt-Blankenburg (Harz) den Betrieb ein, weil nicht ausreichend Lokführer vorhanden waren.
Personalmangel bei Abellio: Deutsche Bahn bekommt es hin
Stattdessen wurde die Verbindung mit Bussen bedient. Vor zwei Jahren hatte die Deutsche Bahn im Raum Köthen gehäuft Zugausfälle. Ähnliche Probleme gibt es in mehreren Regionen Deutschlands immer wieder.
Die Lokführer-Gewerkschaft GDL sieht auch eine spezielle Situation durch die Baustellen. „Doch andere Verkehrs-Unternehmen wie die Deutsche Bahn, die davon genauso betroffen sind, bekommen es auch hin“, sagt Martin Torgau-Labuschke, stellvertretender Vorsitzender im GDL-Bezirk Mitteldeutschland.
Viele Abellio-Mitarbeiter würden ihre Dienstpläne erst sehr kurzfristig erhalten. „Offensichtlich sind nicht ausreichend Lokführer da, sonst gebe es nicht gehäuft Ausfälle“, so Torgau-Labuschke. Insgesamt fehlen laut GDL in Deutschland 800 bis 1.000 Lokführer, weil die Unternehmen die Ausbildung vernachlässigt haben.
Bei der Ausbildung legt Abellio nun nach. Im März startete ein Kurs für 15 angehende Lokführer. Dieser ist aber erst Anfang 2018 beendet, hilft im Sommer 2017 also nicht zur Entspannung der Lage. (mz)