1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Mitarbeitermangel: Lokführermangel in Deutschland: 1.000 Lokführer fehlen in den Zügen

Mitarbeitermangel Lokführermangel in Deutschland: 1.000 Lokführer fehlen in den Zügen

Von Steffen Höhne 27.08.2016, 00:00
Deutschlandweit werden noch 1.200 Lokführer gesucht.
Deutschlandweit werden noch 1.200 Lokführer gesucht. Symbolbild/Pixabay

Halle (Saale) - Ab Samstag sollen die Züge zwischen Halberstadt und Blankenburg wieder rollen. Über einen Monat hatte die private Bahn-Gesellschaft Harz-Elbe-Express (Hex) auf der Harzer Strecke nur Schienenersatzverkehr angeboten. Doch weder Baustellen noch Streiks waren Schuld an den Zugausfällen. Dem Hex sind schlicht die Lokführer ausgegangen. Hex-Geschäftsführer Matthias Löser begründete den Personalmangel mit „der Urlaubszeit im Sommer und einem außerordentlich hohen Krankenstand in der Belegschaft“.

Züge durch Busse zu ersetzen, ist für die Bahn-Gesellschaft eigentlich die letzte Option, die ungern gewählt wird. Denn für jeden Zug, der nicht fährt, muss der Hex Strafzahlungen an den Auftraggeber, die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (Nasa), zahlen. Die Nahverkehrsgesellschaft plant, bestellt und bezahlt den sogenannten Schienenpersonalverkehr im Landesauftrag.

Zugausfälle durch Personal-Mangel

Die Not ist nicht nur beim Hex groß. Nach Angaben der Lokführer-Gewerkschaft GDL fallen aktuell wegen Personal-Mangels bei der Nordwestbahn in Bremen und Niedersachsen Züge aus. Probleme gebe es auch bei den S-Bahnen in München und Stuttgart.

Was läuft da schief? Von den Bahn-Unternehmen wird der sogenannte Umlauf der Züge mit Diensten hinterlegt. Zusätzlich zum geplanten Personal gibt es eine Springerreserve, die dann einspringen soll, wenn Lokführer durch Krankheit oder Kündigung ausfallen. Zudem kann bei Engpässen auch Ersatzpersonal aus anderen Netzteilen angefordert werden. Dass der Hex - der zum führenden privaten Nahverkehrsanbieter Transdev in Deutschland gehört - das nicht gemacht hat, hat einen einfachen Grund: „Auch an anderen Standorten gab es aktuell keine freien Kapazitäten“, so ein Hex-Sprecher.

Nach Worten von Norbert Quitter, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der GDL, fehlen in Deutschland aktuell 800 bis 1.000 Lokführer. „Egal wo man zieht, die Personaldecke ist immer zu kurz“, so Quitter. Diese Einschätzung teilt auch der Verband der Privatbahnen Mofair. Geschäftsführer Matthias Stoffregen sagt: „Wenn unsere Mitgliedsunternehmen neue Bahnstrecken übernehmen, ist die Personalgewinnung mittlerweile eine der größten Herausforderungen.“ Für Nasa-Chef Klaus Rüdiger Malter sind die Lokführer so rar wie Goldstaub. Bei der Bundesagentur für Arbeit sind aktuell deutschlandweit 500 freie Lokführer-Stellen gemeldet.

Abmahnung für DB Regio in Sachsen-Anhalt

Weil Verkehr nicht ordnungsgemäß angeboten wurde, handelte sich die Deutsche-Bahn-Tochter DB Regio in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr sogar eine Abmahnung ein. Auf der Strecke Aschersleben-Köthen-Dessau wurde im Sommer 2015 der Regionalzugverkehr immer wieder eingeschränkt. DB Regio hatte sich damals entschieden, den Personalmangel auf einer Strecke zu bündeln, „um im übrigen Liniennetz stabilen Verkehr anzubieten.“ Das brachte wiederum Nasa-Chef Malter zur Weißglut. Als „inakzeptabel“ bezeichnete er das Vorgehen der Bahn damals. Die Nasa reagiert darauf, indem sie in den neuen Ausschreibungen den Bahn-Unternehmen immer striktere Vorgaben macht, welche Leistungen wie zu erbringen sind. „In den 90er Jahren hatte eine Ausschreibung 16 Seiten, inzwischen sind es bis zu 2.000 Seiten“, so Malter.

Schuld an der Misere hat nach Ansicht der Gewerkschaft GDL die Deutsche Bahn. Bei dieser würden rund 20.000 der insgesamt 27.000 Lokführer arbeiten. „Mit dem Ziel Börsengang wurde bei der Bahn jahrelang Personal eingespart und zu wenig ausgebildet“, sagt GDL-Vize Quitter. Der Lokführer-Mangel sei absehbar gewesen. „Reduziert wurde auch die Zahl der Ausbilder“, erklärt Quitter. Daher sei es nicht so einfach, die Angebote wieder hochzufahren.

Die Deutsche Bahn gibt an, in diesem Jahr 1.200 Lokführer einstellen zu wollen. „Nächste Woche starten rund 440 junge Menschen ihre Ausbildung zum Lokführer - in keinem anderen DB-Ausbildungsberuf gibt es mehr Azubis“, so ein Bahn-Sprecher. Um den Bedarf zu decken, gibt es ein zusätzliches Ausbildungsprogramm für Quereinsteiger. So soll der Fachkräfte-Mangel in den nächsten Jahren behoben werden. (mz)