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Wirtschaft Wirtschaft: Sohlen werden auch nach Spanien geliefert

Von Holger Zimmer 19.12.2003, 17:18

Weißenfels/MZ. - Damals wurde die Kunststoffverarbeitung als zweites Standbein gegründet. Doch seit der Privatisierung des Bundeswehrbeschaffungsamtes ist eine Flaute eingetreten. Dabei genügt ein Knopfdruck, um die derzeit ungenutzte Stanze wieder in Betrieb zu setzen. Deshalb betont Herkner, dass sich auch die fünf Kollegen, die er nur zeitweilig beschäftige, freuen würden, wenn sie mal wieder etwas zu tun bekämen.

Der 44-Jährige war Elektriker im Schuhmaschinenbau "Compart", sein Bruder Thomas Nähmaschinenmechaniker in der "Banner"-Schuhfabrik, und sein Vater Helmut arbeitete zuletzt als Produktionsleiter in der "Rakete". Letzterer war sich dann 1990 auch mit seinen Söhnen angesichts des gewaltigen Personalabbaus in der Schuhindustrie über den Schritt in die Selbstständigkeit einig. Die freilich war zunächst an die Firma WSK gebunden, die Prägemaschinen in den alten Bundesländern herstellte. Sie meldete nach sechs Jahren Konkurs an. Heute sagt Helmut Herkner, der bei seinen Jungs immer noch aushilft, dass man in seiner Gutgläubigkeit ausgenommen worden sei und letztlich vor einem Berg Schulden stand.

Sein Sohn Dietmar spricht von einigen schlaflosen Nächten, ehe man sich zum Weitermachen entschloss. Denn von Beginn an gab es auch Beziehungen zur Fortuna-Spezialmaschinen GmbH, für die man Schärf- und Spaltmaschinen in Ostdeutschland verkaufte und den gesamten Service übernahm. Angesichts dessen, dass man nicht zweimal so naiv sein kann, sollte es nun bergauf gehen. Von Fortuna allein konnte man aber bei einem Industriezweig, der Stück für Stück wegbrach, nicht existieren. Sicherheitsschuhe werden heute noch in Eisleben, Schmölln und Heidenau produziert. Einen großen Hersteller von Biosandalen gibt es in Birkenstock bei Görlitz. In Erfurt werden Schäfte genäht, und in Weißenfels gibt es nur noch "Panther"-Schuh. Das sind einige hundert Beschäftigte von einst mehreren Zehntausenden.

Über Geschäftsbeziehungen verfügte man, und so ist die Firma heute selbst dort tätig, wo Polster- und Lederwaren verarbeitet werden. Da kann man in Sachen Produktionsüberwachung zum Beispiel für Gummidichtungen auf die Prüfmaschinen von Fortuna zurückgreifen. In den neuen Ländern sei man unterwegs, aber auch bis hinter die tschechische und polnische Grenze. Da werden Reparaturen erledigt und ältere Maschinen instandgesetzt und aufgearbeitet.

Übrigens haben die Herkners mit ihrem Zwei-Mann-Betrieb nach dem Hochwasser im Vorjahr auch Orthopädieschuhmachern in Dresden, Meißen und Wittenberg geholfen. Insgesamt 40 Maschinen habe man überholt, erzählt Dietmar Herkner. Sie wurden kostenlos abgeholt und gesäubert, und lediglich die Ersatzteile in Rechnung gestellt. Einige neue Kunden konnten auf diese Weise gewonnen werden. Heute hoffe man zwar, dass sich die wirtschaftliche Lage wieder bessere, doch letztlich "wollen wir einfach über die Runden kommen".