Wettbewerb Wettbewerb: Das «schönste Dorf» wacht wieder auf
Wildschütz/MZ. - Das Haus brachte die Gemeinde auf Vordermann, neue Heizung, neue Fenster, neue Fassade. Am Umfeld wird noch gewerkelt, Parkplätze sind bereits fertig, ein Teil des Hofes gepflastert.
"Der Rest soll schön grün werden, erst Muttererde drauf, dann verschiedene Anpflanzungen", sagt Herbert Flemming. Fast ein Jahr arbeitete er jetzt in Wildschütz, leitete eine elfköpfige ABM-Truppe. "In der Breitscheidstraße war unser Hauptbetätigungsfeld. Hier haben wir eine alte Hütte abgerissen, die Parkplätze gebaut, das Umfeld gestaltet", zieht er Bilanz. "Wildschütz ist eine Schande", meckert ein vorbei eilender Dorfbewohner. "Nach 13 Jahren Wende wurde hier noch nicht mal eine Straße gemacht. In der Breitscheidstraße stolpert man über das alte Kopfsteinpflaster von Schlagloch zu Schlagloch." Seinen Namen möchte er der Zeitung nicht nennen. Die Frauen haben gleich Gegenargumente parat, verteidigen "ihr" Dorf: "Erst muss der Kanal fürs Abwasser rein, dann könn'se auch die Straße machen."
Wildschütz gewann einmal den Wettbewerb "Schönstes Dorf". "Was denken sie, was hier früher los war. Beim Subbotnik konnten wir uns vor Leuten nicht retten. Jede Spittelecke haben wir aufgeräumt, und die Männer bauten eine neue Wasserleitung", schwelgt Edith Fischer in der Vergangenheit. Doch das ist wirklich lange her. Spittelecken, graue Häuser und Ruinen gehören heute zum Ortsbild. "Wildschütz scheint von allen vergessen zu sein", gibt Edith Fischer zu bedenken. Neidisch schauen viele in Richtung Theißen, dort gehe alles besser voran. Die Straßen werden gebaut, eine große Kaufhalle gibt es, ein schönes Bad, die Schule. . .
"Alles stecken die nur nach Theißen" - eine Meinung, die in Wildschütz die Runde macht. "Nein, das ist nicht so. Nur leider haben wir kein Geld in der Gemeindekasse", sucht Abgeordnete Gudrun Jochmann nach Erklärungen. "Weil sich nichts tut, müssen wir selber etwas tun", sagt sie und die Frauen stimmen ihr zu. So gibt es die Kegelfrauen, die Walking-Gruppe, die Feuerwehr, die Kleingärtner und die Kegel-Männer. Wer mit offenen Augen durch den Ort geht, sieht so manches rote Dach und farbenfrohe Fassaden leuchten. Selbst der Gasthof - die alte Ruine, der kaum noch jemand eine Überlebenschance gegeben hätte - fällt einem Fremden durch das neue Dach und die freundliche Fassade auf.
An diesem Tag läuft Gudrun Jochmann durchs Dorf und klingelt bei "ihren" Frauen: "Am 7. Dezember machen wir Weihnachtsfeier in der Gaststätte, ihr kommt doch?!" Natürlich sagen auch Edith Fischer und Karla Krüger zu.