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Schornsteinfeger in Zeitz Schornsteinfeger in Zeitz: Maik Niehaus ist bekennender Schwarzarbeiter

Von Sebastian Münster 26.10.2016, 08:06
Mike Niehaus mit Zylinder beim traditionellen Essenkehren - heute ein eher seltener Anblick im Schornsteinfeger-Handwerk. Schadstoffmessungen und Anlagen-Überprüfungen nehmen mehr und mehr Raum in der Arbeit der Schornsteinfeger ein.
Mike Niehaus mit Zylinder beim traditionellen Essenkehren - heute ein eher seltener Anblick im Schornsteinfeger-Handwerk. Schadstoffmessungen und Anlagen-Überprüfungen nehmen mehr und mehr Raum in der Arbeit der Schornsteinfeger ein. Hartmut Krimmer

Zeitz - Ein Montagnachmittag auf dem Zeitzer Altmarkt. Maik Niehaus lädt seine Ausrüstung aus dem Koffer eines Kombis: ein Kaminbesen an einem langen Seil, beschwert durch eine tiefschwarze Stahlkugel. Auf einen Blick ist klar, welchen Beruf der 45-Jährige ausübt. Er wirft sich die Jacke seiner Uniform über. Die dicken goldfarbene Knöpfe mit kunstvoller Prägung heben sich vom schweren schwarzen Stoff ab. Kaum hat der Kretzschauer den Zylinder auf dem Kopf und sein Werkzeug geschultert, wird er das erste Mal angesprochen.

„Diese Woche muss ich Lotto spielen“, scherzt eine ältere Dame. Klare Sache: Schornsteinfeger bringen Glück. Begegnungen wie diese hat Maik Niehaus häufig. Sie sind einer der Gründe, warum er diesen Job, den er seit bald 25 Jahren macht, noch immer liebt.

Bauliche Gutachten durch einen Schornsteinfeger

Seit Juli dieses Jahres ist der Schornsteinfegermeister zusammen mit seinem Kollegen Roland Reinschmid zuständiger Glücksbringer für den innenstädtischen Kehrbezirk. Die Zeitzer Altstadt, die dortigen Heizungskeller und Dächer, sind ihr Revier. Mit seinem Arbeitsort hat sich Maik Niehaus einen kleinen Traum erfüllt. Jahrelang hat der Kretzschauer außerhalb gearbeitet. Zuerst hat er den Heizungsbesitzern in Wernigerode Glück gebracht. Die vergangenen fünf Jahre war Niehaus in Halle dienstlich unterwegs. Nun ist Zeitz sein Kehrbezirk. Zwar hat seit 2013 jeder die freie Wahl, wen er mit dem Schornsteinkehren und der Emissionsmessung und Prüfung der Heizanlage beauftragt. Doch die nötigen baulichen Gutachten durch einen Schornsteinfeger, die sogenannte Feuerstättenbeschau, und die Brandschutzberatung bleiben in staatlicher Hand. Wer in Zeitz Kamin und Co. bauen will, kommt an Maik Niehaus also nicht vorbei.

Roland Reinschmid ist das Urgestein des Duos und arbeitet schon seit vielen Jahren in der Zuckerstadt. Er kennt Plätze und Blickwinkel der Stadt, die den meisten Menschen nicht zugänglich sind. Die beiden Männer bahnen sich ihren Weg auf das Dach eines Altbaus. Heute sollen Schornsteine gekehrt werden. Schmale Stufen schlängeln sich aufwärts durch ein enges Treppenhaus. Durch einen winkligen Flur führt eine winzige Tür auf einen Dachboden. Niehaus muss sich bücken, passt mit seinem Zylinder kaum durch den niedrigen Türrahmen. Über einen hölzernen Aufstieg – mehr Leiter als Treppe – geht es ganz hinauf.

Im Kehranzug aufs Dach kommt der Schornsteinfeger immer seltener, berichtet Niehaus. Durch die zunehmende Verschärfung der Auflagen und Abgasgrenzwerte für Heizkessel und Kaminöfen arbeiten er und seine Zunftkollegen immer häufiger im Heizungskeller, messen Schadstoffe, prüfen und inspizieren. Und je sauberer die Abgase, desto seltener sei der Kehrbesen nötig. Moderne Öl- und Gasheizungen brauchen nur noch alle zwei bis drei Jahre eine „optische Prüfung“ des Schornsteins. Einzig der Trend zum eigenen Kaminofen, der etwa seit der Jahrtausendwende anhalte, mache den Kehrbesen wieder häufiger nötig. Wer sein Haus komplett mit Holz, Kohle oder anderen Feststoffen beheizt, der brauche bis zu dreimal im Jahr den Schornsteinfeger, so Niehaus. Üblich sei die Komplettversorgung per Holzheizung aber eher im ländlichen Raum.

Doch trotz des Wandels: Seinen Beruf tauschen möchte der Meister und bekennende „Schwarzarbeiter“ trotzdem nicht. Wohl keinem Handwerker werde die Tür so gern geöffnet, wie dem Schornsteinfeger. Gern gesehen sind Niehaus und seine Kollegen auch bei Hochzeiten – dann aber in prunkvoller Schmuckuniform, wie sie sonst nur bei Innungsfeierlichkeiten getragen wird. Und weil es Glück bringt, hat Maik Niehaus selbst die eigene Hochzeit in traditioneller Berufskleidung samt Zylinder gefeiert. (mz)

Auch etwas - im wahrsten Wortsinn - schwarzer Humor gehört zum Berufsalltag.
Auch etwas - im wahrsten Wortsinn - schwarzer Humor gehört zum Berufsalltag.
Hartmut Krimmer