Klingelschilder ohne Namen Klingelschilder ohne Namen: Wäre das auch in Zeitz denkbar?

Zeitz - Es klingt wie ein schlechter Scherz: Weil sich ein Bewohner über mangelnden Datenschutz beschwerte, verlieren in Wien 220.000 Mieter ihre Namensschilder an den Klingeln. Hintergrund: Der Mieter einer Gemeindewohnung hatte auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verwiesen. Er meinte, nach dieser EU-Verordnung sei seine Privatsphäre nicht genügend geschützt, wenn sein Name auf dem Klingelschild steht.
Die städtische Abteilung für Datenschutzangelegenheiten bestätigte daraufhin, dass die Verbindung von Nachnahme und Wohnungsnummer gegen die DSGVO verstößt. Aus Angst vor Klagen - es drohen Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro - schraubt die kommunale Hausverwaltung jetzt an all ihren Wohnungen die Namensschilder ab. Stattdessen erhalten die Klingeln Nummern. Klingelschilder ohne Namen - ist das auch hierzulande denkbar? MZ fragte bei den Zeitzern nach, was sie von dieser Maßnahme halten.
Klingelschilder ohne Namen: „Hier geht der Datenschutz zu weit“
„Hier geht der Datenschutz zu weit“, findet Petra Kieckhöfer. „Ich bin schließlich keine Nummer, sondern habe einen Namen. Und den möchte ich auch auf meinem Klingelschild lesen.“ Ansonsten würde man sich wie auf dem Amt fühlen, wo man eine Nummer ziehen muss.
Ähnlich sieht es auch Jürgen Müller. „Selbst beim Friseur erhielt ich vor kurzem aus Datenschutzgründen eine Nummer“, sagt er. Fürchterlich findet er das. „Durch die Nummernzuteilung wird das persönliche Miteinander gehemmt. Das ist ein Rückschritt für die Menschheit. Wir sollten lieber wieder mehr miteinander reden und in Kontakt kommen.“ Außerdem bringe das Entfernen der Namensschilder auch viele praktische Probleme mit sich.
Klingelschilder ohne Namen: „Woher soll der Briefträger wissen, wo er die Post abgeben muss?“
„Wenn ich vor so einem Nummernhaus stehe, weiß ich doch gar nicht, wo ich klingeln soll, wenn kein Name an der Tür steht“, meint Marietta Florat. Und Johanna-Louise Rudolph fragt: „Woher soll der Briefträger wissen, wo er die Post abgeben muss?“ Sie findet: „Eine Nummer an der Tür erinnert eher an ein Gefängnis als an eine Wohnung.“ Für vollkommen übertrieben hält Volker Uhl die Maßnahme, die in Wien ergriffen wurde. „Hoffentlich kommt es hier nicht so weit“, sagt er.
„Entfernt man die Namensschilder, endet das im Chaos.“ Er sieht nicht nur die Gefahr, dass die Post Briefe und Pakete verwechseln und falsch anliefern würde. „Es geht im Notfall auch um Leben und Tod, wenn um Beispiel Notarzt oder Feuerwehr gerufen werden und sie dann nicht wissen, wo sie klingeln müssen.“ Dieses Problem sieht auch Werner Leithold. „Namensschilder haben sich seit Jahrhunderten bewährt. Ich sehe keinen Grund, das ändern zu müssen. Es gibt wichtigere Dinge, die man angehen sollte.“
Klingelschilder ohne Namen: „Das ist eine Posse.“
Nach Medienberichten will der Immobilien-Eigentümerverband „Haus & Grund“ allerdings seinen Mitgliedern deutschlandweit empfehlen, die Namensschilder bei vermieteten Wohnungen abzuschrauben - um sicher zu gehen, dass man nicht gegen die DSGVO verstößt. Aus der Zeitzer „Haus & Grund“-Niederlassung heißt es dazu nur: „Das ist eine Posse.“ Weiter wollte man sich dazu nicht äußern.
Keinen akuten Handlungsbedarf sieht man bei der Wohnungsbaugesellschaft Zeitz (WBG). „Bisher war das Entfernen von Namensschildern kein Thema für uns und es hat auch noch kein Mieter von uns verlangt“, sagt Michael Große, Datenschutzbeauftragter der WBG. „Vielmehr sind wir als Vermieter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Mietverhältnis reibungslos abläuft. Dazu zähle ich auch die problemlose Zustellung der Post. Würde ein Mieter verlangen, dass sein Name entfernt wird, kämen wir dem Wunsch selbstverständlich nach.“ Dass ein Vorgehen wie in Wien hier auf viel Gegenliebe stößt, danach sieht es aber zumindest im Moment nicht aus. (mz)