Hospital wird zum Notfall Hospital wird zum Notfall: Kann das Zeitzer Klinikum weiter betrieben werden?

Zeitz - Jetzt ist das Burgenlandklinikum selbst Patient. Mit Intensivbehandlung. Die finanzielle Situation der Klinikum Burgenlandkreis GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Landkreis ist, hat sich dramatisch zugespitzt. Und zwar so weit, dass Geschäftsführer Lars Frohn Dienstag beim Amtsgericht Halle Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat. Das Verfahren soll in Eigenverantwortung laufen. Die Mitarbeiter sind am frühen Nachmittag über die aktuelle Situation informiert worden, das Führungspersonal etwas eher. Die Öffentlichkeit erfuhr im Anschluss von dem gravierenden Schritt.
Zeichen der Stärke, dass das Verfahren in Eigenverwaltung gewählt wurde
Allerdings: Weder für Mitarbeiter noch für Patienten bringt das Verfahren derzeit praktische Veränderungen mit sich. Die Lohnzahlungen in Höhe von rund fünf Millionen Euro monatlich übernimmt mit Beginn des Eigenverwaltungsverfahrens für ein Vierteljahr die Bundesagentur für Arbeit. Das verschafft der Klinikgesellschaft vorübergehend eine spürbare finanzielle Entlastung. Der Klinikbetrieb laufe uneingeschränkt weiter - sowohl im zur Gesellschaft gehörenden Agricolaklinikum in Zeitz als auch am Saale-Unstrut-Klinikum Naumburg. Das bekräftigten Geschäftsführer Frohn und Landrat Götz Ulrich (CDU), der auch Vorsitzender des Aufsichtsrates ist.
Ulrich ruft die Bürger des Landkreises dazu auf, das Klinikum so wie bisher zu nutzen, es brauche jetzt auch die Unterstützung der Menschen hier. Arne Berndt bezeichnete es gegenüber der MZ als ein Zeichen der Stärke, dass das Verfahren in Eigenverwaltung gewählt wurde. Berndt ist Restrukturierungsmanager und Partner in der Firma WMC Healthcare. Das Beratungsunternehmen ist auf den Krankenhausmarkt spezialisiert und habe bereits eine ganze Reihe von Sanierungen und Restrukturierungen an Kliniken durchgeführt. Er ist bereits seit einiger Zeit im Burgenlandklinikum tätig.
Ursachen für die Finanzmisere des Klinikums vielseitig
Sein Auftrag: Nach Möglichkeiten zu suchen, wie das Haus in der Zukunft wirtschaftlicher arbeiten kann. Und er sagt: „Wir glauben, dass das Klinikum mit den zwei Standorten in Naumburg und Zeitz in einer sinnvollen wirtschaftlich nachhaltigen Weise weiter betrieben werden kann.“ Er sagt aber auch, dass es Änderungen geben werde. Auch solche, die für den ein oder anderen schmerzhaft sein werden. Mit der Insolvenz in Eigenverwaltung habe sein Unternehmen bereits gute Erfahrungen gemacht. Insolvenz in Eigenverwaltung bedeute, dass es eine realistische Chance gibt, dass die „Gläubiger positiv aus der Situation herauskommen“. Eine Privatisierung, so Landrat Ulrich, steht nicht zur Debatte.
Den Weg frei gemacht für Frohns Gang zum Amtsgericht hatte Montagabend der Kreistag im nichtöffentlichen Teil seiner Sitzung. Er war einer Empfehlung von Landrat Ulrich und zuvor tagenden Ausschüssen gefolgt, dem Klinikum jetzt aus der Kreiskasse weitere finanzielle Hilfe zu verweigern. Denn das hätte aktuell den Kreishaushalt und 2020 die Haushalte der Kommunen über Gebühr belastet. Die Kreisumlage hätte spürbar steigen müssen. Im aktuellen Kreishaushalt war bereits eine Million Euro eingestellt, um die Investitionstätigkeit des Klinikums sicherzustellen. Im Juni beschloss der Kreistag einen weiteren Zuschuss in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro, um das Defizit des Hauses aus 2018 auszugleichen.
Doch damit nicht genug. Auf der Tagesordnung des Kreistages vom Montag befand sich eine weitere Vorlage, in der es um die finanzielle Unterstützung der Klinik gehen sollte. Dabei ging es um einen Darlehensbetrag in Höhe von acht Millionen Euro. Die Ursachen für die Finanzmisere sind laut Ulrich vielfältig und kein alleiniges Problem der kommunalen Klinik im Burgenlandkreis. „Der Rahmen, der sich bundesgesetzlich spannt, verschlechtert die Situation gerade der kleinen Häuser zunehmend“, so Ulrich im Gespräch.
Weiteres Problem ist die Investitionstätigkeit
Das hänge unter anderem mit Fallpauschalen zusammen und dem Drängen des Bundes, dass kleine Krankenhäuser schließen sollten, damit die Qualität in größeren Häusern durch höhere Fallzahlen steige. Dazu komme das Pflegestärkungsgesetz. Mit ihm werden in bestimmten Bereichen höhere Pflegekraftzahlen benötigt. Diese Kräfte aber gebe der Arbeitsmarkt nicht her. Die Folge: Betten bleiben leer und damit Einnahmen aus. Als weiteres Problem erweise sich die Investitionstätigkeit, die seit ein paar Jahren vom Land nicht mehr so unterstützt werde, wie das einmal war.
In Naumburg werde derzeit eine Kinderklinik gebaut mit einem Investitionsvolumen von 21,5 Millionen Euro. Daraus ergeben sich laut Ulrich jetzt besondere Liquiditätsschwierigkeiten, die sich verschärfen, weil beteiligte Kreditinstitute „geplante Kreditlinien nicht mehr zur Verfügung stellen“. Das Klinikum beschäftigt derzeit etwa 1500 Mitarbeiter. Die in der Diskussion befindliche Gründung einer Holding mit dem Merseburger Klinikum ist nicht ad acta gelegt. (mz)