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Hartz IV Hartz IV: Geld kommt zehn Monate zu spät an

Von HEIKE RIEDEL 13.11.2009, 18:30

WEISSENFELS/MZ. - Die 30-jährige Hartz-IV-Betroffene rechnete fest mit den Zuwendungen, doch nicht mit dem schwierigen Verlauf ihrer Schwangerschaft, der sie eher als erwartet ins Krankenhaus führte. Dort begann ihr Kampf ums Geld, für den sie in der Sozialsprechstunde der linken Landtagsabgeordneten Heidelinde Penndorf Unterstützung fand.

"Da fehlte es an Fingerspitzengefühl" und zudem habe eine unglückliche Verkettung von Umständen vorgelegen, räumt Arge-Chef Berndt Lampe für seine Mitarbeiter ein, als er davon hört, dass außer 300 Euro für die Erstausstattung vor der Geburt der Kinder keine der weiteren Zusatzleistungen ausgezahlt worden sind. Für Kinderwagen, -bett und Kleiderschrank lief seit Anfang Dezember vorigen Jahres ein Antrag.

Im Krankenhaus erreichte die junge Mutter um den Jahreswechsel der Anruf einer Arge-Mitarbeiterin, die einen Hausbesuch zur Feststellung des Bedarfs ankündigen wollte. Nicht nur, dass von der schwangeren Frau im Vorfeld erwartet wurde, dass sie drei Angebote für den Kauf eines gebrauchten Zwillingskinderwagens einreicht. Nun musste sie auch nachweisen, dass sie tatsächlich noch keinen zu Hause stehen hatte. Das gehöre im Normalfall dazu, bestätigte Lampe die Verfahrensweise nach einer Richtlinie des Landkreises.

Der zweite Anruf der Arge erreichte die junge Mutter etwa sechs Wochen nach ihrer Antragstellung unmittelbar nach dem Kaiserschnitt, mit dem sie ihre Kinder entband. Freunde hatten mittlerweile das Geld vorgeschossen, damit zu Hause alles für die Ankunft von Mutter und Kindern vorbereitet war. Doch das erwies sich im Nachhinein als Fehler. Denn als die Arge-Mitarbeiterin ihren Hausbesuch machte, war schon alles Notwendige da. Der Antrag wurde abgelehnt, Widerspruch und Wiederholungsantrag wurden erst jetzt bearbeitet. Wenn die Mutter jetzt die Quittungen für den Kauf von Kinderwagen und Möbeln vorlegt, kann sie die Unterstützung sofort erhalten, so Lampe.

Die zögerliche Arbeitsweise der Arge beklagt Penndorf. Während ihrer montäglichen Sozialsprechstunde werden regelmäßig solche und ähnliche Probleme mit der Arge Burgenlandkreis an sie herangetragen. "Die Hartz-IV-Gesetzgebung ist nicht nur ungerecht, sie ist auch viel zu kompliziert, als dass sie stets richtig angewendet werden kann", so die Erfahrung der Politikerin, die selbst einst diesen Regelungen unterlag und sich deswegen jetzt besonders für die von ihnen Betroffenen einsetzt.

Mit einem Anwalt wird nun ganz und gar geklärt werden müssen, ob eine junge werdende Mutter Hartz-IV-Leistungen fürs Wohnen bekommen kann, die jünger als 25 Jahre ist, aus ihrem nicht von Hartz IV betroffenen Elternhaus ausgezogen und mit ihrem Freund zusammengezogen ist. Wer unter 25 Jahre alt und schwanger ist, darf sich eine eigene Wohnung nehmen, so hat das Sozialgericht Gießen in einem ähnlichen Fall entschieden. Das SGB II erlaube es nicht, Eltern die Gründung einer Familie zu untersagen, heißt es in dem Urteil.

Nicht in jedem Fall kann sich Penndorf aber hinter die aktuelle Rechtssprechung stellen. So empfindet sie es als ungerecht, dass das Bundessozialgericht einem klagenden Ehepaar der Existenzgründerzuschuss, der dem Ehemann gewährt worden ist, bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II der Frau als Einkommen zugerechnet wird. Sie vertritt im Gegensatz zum Gericht die Auffassung, dass der Existenzgründerzuschuss zweckgebunden sei, weil davon ja die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden müssten, Renten- und Krankenkassenbeiträge.

Mit Spannung erwartet Penndorf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Regelleistungen für Hartz-IV-Betroffene. Denn die Anhörung im Oktober lässt sie Verbesserungen für die Menschen erhoffen. Es sei wichtig bei alledem, den Bund in die Pflicht zu nehmen, damit dieser seinen Anteil zu den Kosten der Unterkunft nicht absenkt, wie angekündigt. Ansonsten würde es nämlich zu einer starken zusätzlichen Belastung der Kommunen kommen.