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Wittenberg Wittenberg: Urvieh aus den USA als Hoffnungsträger

Von DIRK SKRZYPCZAK 23.03.2010, 19:28

MÖLLENSDORF/MZ. - Hinter den dicken Mauern sollte in den späten 1980er Jahren Sprengstoff produziert werden; seit 2007 werkelt der Möllensdorfer Olaf Grätz nun schon mit seiner Gehäusebau-Firma und derzeit 17 Angestellten an diesem Ort. Vor eineinhalb Jahren, sagt der 46-Jährige, "da hatten wir einen Einbruch ohne Ende". Das Geschäft mit dem Fahrzeugbau sackte gewaltig ab, im Umsatz fehlten 60 Prozent. "Die modernen Maschinen, die wir extra gekauft hatten, standen plötzlich still." Doch das mittelständische Unternehmen punktet mit seiner Flexibilität und fertigt jetzt neben Gehäusen etwa für die Medizintechnik auch Miststreuer als Spezialaufbauten für landwirtschaftliche Großgeräte an.

Die konjunkturelle Erholung macht den Kopf bei Olaf Grätz frei für sein spektakuläres Hobby. Der Geschäftsmann fährt mit seinem Team Dexter, benannt nach einer Rinderrasse, Truck Trial - und zwar äußerst erfolgreich. In der vergangenen Saison gewann Grätz die Deutsche Meisterschaft in der Königsklasse S 5. Am Steuer eines Tatra, im früheren Leben ein Raketenträger für das Militär, zirkelte der Möllensdorfer sein Gefährt über die anspruchsvollen Strecken in Tagebauen, Sandgruben oder Steinbrüchen. In diesem Jahr will Grätz zudem bei den Europameisterschaften (er trifft dort auf Titelverteidiger Marcel Schoch aus Cobbelsdorf) angreifen.

Seinen neuen Truck, einen Ford M 656 (8 x 8), Baujahr 1969 (!), hütet er noch wie ein Staatsgeheimnis. Beim ersten Lauf zur Deutschen Meisterschaft am 8. und 9. Mai in Klieken wird der Brummi erstmals getestet. "Dann werden wir wissen, ob sich zwei Jahre Bastelei gelohnt haben", meint Grätz. Auch dieses Urvieh diente einst dem Militär. Von dem Mannschaftstransporter war nur ein Schrotthaufen übrig, als ihn der Möllensdorfer in den USA für 5 000 Dollar kaufte und nach Europa verschiffen ließ. Für Laien dürfte die Basis ohnehin nicht mehr erkennbar sein. Ein Überrollkäfig schützt das Cabrio-Fahrerhaus; so verlangt es das Reglement. Ansonsten verzichtet Team Dexter auf jedwede überflüssige Elektronik. Ursprünglich ließen sich die Türdichtungen des einstmals schwimmfähigen Vehikels aufpumpen. Jetzt soll das Abspecken den Geländeeinsatz erleichtern und die Defekthexe verjagen. "Was man nicht hat, kann nicht kaputtgehen", grinst Grätz, dem Tochter Sandra (20) als Beifahrerin attestiert. Vorteil des Ungetüms mit vergleichsweise bescheidenen 190 Diesel-PS sind die kurzen Überhänge und das Gewicht von 7,5 Tonnen. Die andere Trucks wiegen zumeist das Doppelte.

Versemmelt der Ford-Oldtimer seine Feuertaufe, steht Grätz sein Tatra zur Verfügung. Dieses Vertrauen auf mehrere Standbeine hat sich für den Geschäftsmann bereits in der Wirtschaft ausgezahlt. So denkt er gerade darüber nach, zwei weitere Mitarbeiter einzustellen.