1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Wittenberg Gemüse expandiert: Wittenberg Gemüse expandiert: Wieso die Erdbeer-Ernte jetzt beginnt

Wittenberg Gemüse expandiert Wittenberg Gemüse expandiert: Wieso die Erdbeer-Ernte jetzt beginnt

Von Marcel Duclaud 21.09.2019, 05:54
Blick ins Gewächshaus mit Hunderttausenden Erdbeerpflanzen. Bienen vom Imker (siehe oben) sollen bei der Bestäubung helfen.
Blick ins Gewächshaus mit Hunderttausenden Erdbeerpflanzen. Bienen vom Imker (siehe oben) sollen bei der Bestäubung helfen. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Wittenberg Gemüse betritt Neuland. Seit Anfang der Woche werden in den riesigen Gewächshäusern zwischen Piesteritz und Apollensdorf nicht nur Tomaten und Paprika geerntet, sondern auch Erdbeeren. Draußen wachsen die süßen Früchtchen längst nicht mehr, unter Glas aber sehr wohl.

Die Pflanzen - von rund 900 000 Stück spricht Projektmanager Helmut Rehhahn - sind im August gesetzt worden. Sie haben sich prächtig entwickelt unter dem Einfluss von Wärme, einer Düngerlösung und dem reinen Kohlendioxid, das vom benachbarten Unternehmen SKW Piesteritz geliefert wird und hängen voller Früchte. Bis in den Dezember soll die Ernte nun laufen, wenn möglich „das Weihnachtsgeschäft mitgenommen werden“, wie Rehhahn hofft.

Erdbeerchef aus Litauen

Zurzeit werden täglich rund 500 Kilo Erdbeeren gepflückt von Mitarbeitern, die aus Polen kommen aber auch aus der Ukraine, letztere sind laut Rehhahn Landwirtschaftsstudenten, die Ferienzeiten nutzen, um Geld zu verdienen. Später, wenn alles perfekt läuft, sind als maximale tägliche Erntemenge zehn Tonnen angestrebt, erläutert „Erdbeerchef“ Tomas Bazmokas, ein Litauer, der seit zehn Jahren in Deutschland lebt und seit November den Aufbau der Erdbeer-Produktion in Wittenbergs Gewächshausanlage begleitet hat.

Dass momentan noch die Lernphase dominiert, wissen beide. Erdbeeren, bemerkt Rehhahn, sind sehr empfindliche Früchte. Sie halten sich nicht lange, sie müssen sorgsam behandelt werden. Die geernteten Früchte werden vom Gewächshaus in das benachbarte Lager gebracht, dort zunächst von 20 auf zehn Grad herunter-gekühlt, später noch auf drei Grad. Aber natürlich sollen die Beeren so schnell wie möglich zum Verbraucher gelangen.

Die große Frage, das räumen die Initiatoren ein, besteht darin, wie der Markt reagiert auf Erdbeeren im Herbst. Der erste Absatz laufe ermutigend, so Rehhahn. Zu haben sind die frischen Früchte etwa im Werksverkauf, dort, wo getestet wird, was geht und was nicht. Aber natürlich soll bald auch der Handel beliefert werden. Und wenn es nach den holländischen Investoren geht, die gut zehn Millionen Euro in das knapp neun Hektar große Gewächshaus samt Kühllager und Nebenanlagen gesteckt haben, nicht nur im Herbst, sondern das ganze Jahr über.

Rehhahn sagt dazu auch: „Wir müssen den Markt wecken.“ Bislang sind außerhalb der Saison meist nur weit transportierte Erdbeeren aus Südeuropa im Handel zu haben. Das soll sich ändern. Mittels verschiedener Sorten, unterschiedlichen Pflanzterminen und einer ab 2020 geplanten Ausweitung der Produktion auch auf Felderdbeeren soll es gelingen, ein Angebot von Früchten aus Piesteritz das ganze Jahr über aufrecht zu erhalten.

Es wäre zumindest hierzulande ein Novum. Projektmanager Rehhahn spricht von reif gepflückten „Sonnenerdbeeren mit Geschmack“, die eben den Vorteil haben, nicht allzu weit transportiert werden zu müssen. Die Konzentration auf ein Absatzgebiet, das den mitteldeutschen Raum umfasst, etwa bis Berlin, Leipzig und Dresden reicht, soll erhalten bleiben.

Erdbeeren bergen Risiko

Bauen kann das Unternehmen Wittenberg Gemüse auf den Ruf, den es sich mit Luther-Tomaten und Luther-Paprika seit 2014 erarbeitet hat. Dass die Erzeugnisse aus den großen Gewächshäusern in der Tat schmecken, hat sich herumgesprochen. Allerdings sei die Erdbeere, die den geschützten Namen Luther-Erdbeere tragen darf, durchaus ein Risiko. „Sonne ist entscheidend. Bei lang anhaltendem trüben Wetter kriegen wir ein Problem.“ Erdbeeren, verdeutlicht Rehhahn, seien „ein heißes Geschäft“ und eine echte Herausforderung.

Abstand genommen haben die Investoren unterdessen von dem Plan, auch andere Beerenfrüchte in Piesteritz reifen zu lassen: Himbeeren oder Johannisbeeren zum Beispiel. „Zu aufwendig und zu preisintensiv“, urteilt der Projektmanager.

Dafür soll noch ein weiteres Gewächshaus in die weitläufige Piesteritzer Gewächshaus-Landschaft eingefügt werden. Zurzeit graben auf dem Gelände noch Archäologen. „Mit der Produktion soll dort 2022 begonnen werden.“ Was angebaut wird? Rehhahn: „Das wird der Markt entscheiden.“

(mz)

Eine der Erntehelferinnen im neuen Gewächshaus. Sie pflegt die Pflanzen, damit die Früchte optimal reifen können.
Eine der Erntehelferinnen im neuen Gewächshaus. Sie pflegt die Pflanzen, damit die Früchte optimal reifen können.
Thomas Klitzsch
Projektmanager Helmut Rehhahn prüft die Transportkisten.
Projektmanager Helmut Rehhahn prüft die Transportkisten.
Klitzsch
Gewächshauschef Tomas Bazmokas transportiert geerntete Früchte ab.
Gewächshauschef Tomas Bazmokas transportiert geerntete Früchte ab.
Klitzsch