Weltausstellung Themenwoche Weltausstellung Tore der Freiheit Wittenberg: Themenwoche Europa

Wittenberg - Hin und wieder, berichtet Heidi Schaffer, fahren sie mit dem Kanu auf den Teich hinaus, die filigranen Flechtboote wiederaufzurichten, mit denen der Wind ein leichtes Spiel hat. Wie mit den Flüchtlingsbooten im Mittelmeer... „Der Weg ist das Ziel“, lautet der „Spruch des Tages“ in jenem Part der Weltausstellung, die sich am Schwanenteich dem Megathema Frieden und Gerechtigkeit widmet.
Es könnte auch das Motto der gesamten Weltausstellung sein, die seit dem 20. Mai die Wittenberger Wallanlagen in eine potenzielle Anlaufstelle nicht nur für gläubige Menschen verwandelt hat: Noch ist nicht alles fertig, räumt Ulrich Schneider vom Verein „Reformationsjubiläum 2017“ (r2017) ein, allerdings solle vieles davon auch noch gar nicht fertig sein, sondern sich entwickeln über die Monate.
Das Flechtwerk etwa, die gemeinsame Umwandlung der zarten Boote in etwas Neues, werde erst im Juli beginnen, sagt Heidi Schaffer von der FH Salzburg, die die Installation in dieser Woche betreut.
Inhaltlich nimmt die Weltausstellung ohnehin erst jetzt Fahrt auf. Nach der „Festwoche“ mit dem Kirchentag als Krönung steht seit dem gestrigen Mittwoch als erstes Wochenthema „Europa“ auf der Tagesordnung. Knapp zwei Dutzend Veranstaltungen befassen sich mit dem Zustand unseres Kontinents und der Frage, welche Rolle die Kirchen bei der Entwicklung Europas spielen (müssen).
„Die Kirchen sind absolut wichtig für den Diskurs“, sagte der Europaparlamentarier und Pfarrerssohn Arne Lietz (SPD) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz und nannte als Beispiele etwa Religionsfreiheit und den Schutz religiöser Minderheiten, das Thema Flüchtlinge und andererseits auch den Umgang mit Populismus sowie das Verhältnis von Kirche und Staat.
Rüdiger Noll, der sich für r2017 ebenfalls mit der Gestaltung der Themenwoche befasst, reklamierte für das Christentum eine „inspirierende Kraft für die Weiterentwicklung Europas“. Der Umgang Europas mit den Fluchtbewegungen prägt das Programm am 2. Juni, dann wird diskutiert über „Humanitäre Flüchtlingshilfe als europäische Aufgabe“ (10.30 Uhr, Exerzierhalle) und, ab 14 Uhr am selben Ort, über „Migration und Kultur“ (alle Veranstaltungen auf www.r2017.org).
Noch geht es zumeist recht beschaulich zu auf der Weltausstellung. In freundlicher Beflissenheit kommen die Aussteller auf jeden einzelnen Besucher zu, das ist an der Lichtkirche mit dem „schrägen“ (O-Ton einer beeindruckten Besucherin) Segensroboter der Landeskirche Hessen-Nassau nicht anders als vorm „Himmelszelt“ des Lutherischen Weltbundes am Luthergarten, wo sich nacheinander einzelne Gruppierungen vorstellen, in dieser Woche sind es evangelische Christen aus dem zumeist katholischen Italien.
Keine zwei Wochen nach Beginn der viermonatigen Ausstellung liegt laut r2017-Geschäftsführer Schneider noch keine umfassende Bilanz vor, entsprechende Zahlen würden nach Ablauf der ersten Themenwoche veröffentlicht. Insgesamt aber, soviel lasse sich bereits sagen, sei es „für uns gut angelaufen“.
So hätten beispielsweise 900 Besucher am Freitag das Wenzel-Konzert auf der Schlosswiese hören wollen. „Gut genutzt“ werde der Welcome-Turm am Hauptbahnhof, der allerdings - trotz mancher Nachfrage - Teil der Weltausstellung bleibe, sprich, nicht als einzelnes Angebot besucht werden kann.
Gedulden müssen sich (junge) Leute, die hoch hinaus wollen, noch an der Fleischerstraße. Der Klettergarten des „Young Point Reformation“ geht laut Schneider erst in den nächsten Tagen in Betrieb.
Und wo ist das avisierte Flüchtlingsboot für den Schwanenteich, das an Land den Flechtbooten Gesellschaft leisten soll? Es sei am Dienstag im sizilianischen Syrakus zu Wasser gelassen worden und nehme jetzt Kurs auf Ravenna an der Adriaküste, wo dann ein Lkw wartet. Voraussichtliche Ankunft: übernächste Woche. Der Weg ist das Ziel. (mz)