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Was Luther und seine Katharina am Leib trugen

Von IRINA STEINMANN 25.01.2010, 18:55

WITTENBERG/MZ. - Das komme natürlich ganz auf das Kleidungsstück an, sagt Jutta Strehle vorsichtig, aber ganz bestimmt nicht jede Woche, vielleicht einmal im Monat, aber auch das ist nun keineswegs sicher. Andere Zeiten, andere Sitten.

Man sollte sich also besser an die Optik halten. Das hat die Stiftung Luthergedenkstätten getan und beim Trachtenverein des Landkreises Wittenberg zwei Gewänder in Auftrag gegeben, "Luther" und "Katharina": originalgetreu bis in die Stickereien der Haube der Lutherin hinein, als Grundlage dienten verschiedene Gemälde aus dem Bestand des Lutherhauses. Vorbereitet wurde die Fertigung der historischen Kleidung von den drei Mitarbeiterinnen der Museumspädagogik unter der Leitung von Jutta Strehle, Kunsthistorikerin der Stiftung. In der Museumspädagogik sollen die Gewänder dann auch zum Einsatz kommen.

Dank Bundesförderung

Ermöglicht wurde das mit knapp 5 000 Euro durchaus nicht mal so eben aus dem Ärmel zu schüttelnde Schneiderkunstwerk dank der Bundesförderung, die die Museumspädagogik wie berichtet seit April vergangenen Jahres erhält. Entstanden sind insgesamt vier Gewänder, so gibt es zu Anprobier- und Anschauungszwecken für den Nachwuchs "Luther" und "Katharina" auch en miniature. Der Trachtenverein hatte sich laut Strehle in einer Ausschreibung durchgesetzt; im Lutherhaus freut man sich über die praktische Kompetenz vor Ort.

Rechnet man Schürze und Beutelchen mit, umfasste das Outfit der Katharina gut ein Dutzend Teile. Luther kommt quantitativ ein bisschen weniger aufwendig davon, allerdings trägt er - anders als Katharina - Unterhosen. Die sind mit Bändchen an die Hose geknüpft, wie auch die Ärmel mit Bändern befestigt werden. Reiß- oder gar Klettverschluss sind, so Strehle, natürlich tabu bei Kleidung, der es um Authentizität zu tun ist. Wesentlich dazu beigetragen hat durch ihre Recherchen Museumspädagogin Kathrin Seupt.

Ihre Kolleginnen Sandra Döhne (Katharina) und Constanze Köppe (Luther) führten die Gewänder Montag der lokalen Presse vor und waren schon ein bisschen stolz darauf, den Ankleideprozess mittlerweile in "fünf bis sieben Minuten" (Döhne) hinzubekommen - ohne gegenseitige Hilfe läuft freilich nichts, wo so viel zu schnüren und zurechtzuzurren ist wie im 16. Jahrhundert. Aus praktischen Erwägungen heraus folgen die Gewänder dem Motto "one size fits all" (Einheitsgröße) - kaum zu glauben bei der doch recht unterschiedlichen Konstitution der vier Frauen von der Museumspädagogik.

Zwei Monate lang hatten mehrere Mitarbeiterinnen des Trachtenvereines, darunter auch ehrenamtliche Heimarbeiterinnen, mit der Fertigung der Gewänder zu tun. Bärbel Kastner etwa bestickte das goldgelbe Festtagshäubchen der Lutherin, wie die es trägt auf den Doppelporträts im Lutherhaus. Den Zuschnitt besorgte Marianne Schubert, die auch sonst, als Ehrenamtliche, einen erheblichen Anteil am Entstehen dieser Kleidung hatte, wie Vereinschefin Birgit Uebe Donnerstag bei der Vorstellung im Lutherhaus hervorhob. "Es steckt viel Kleinarbeit darin", erklärte Marianne Schubert, und das fange schon bei der Auswahl des richtigen Stoffes an, welcher, man mag es kaum glauben, heutzutage gar nicht so einfach zu bekommen sei - jedenfalls nicht um jeden Preis. Synthetik war natürlich tabu, ausgewählt wurden Wolle, Leinen und auch Baumwolle, die zur Lutherzeit allerdings noch etwas sehr, sehr Besonderes war.

Einkleiden gehört dazu

Zum Einsatz kommen die vier Gewänder, die großen und die kleinen, vorrangig im bereits seit einiger Zeit angebotenen Modeprojekt der Museumspädagogik, aber auch bei allen anderen sich bietenden Gelegenheiten, wobei das mühsame Einkleiden stets Teil der Vorführung sein wird. Im Lutherhaus denkt man unterdessen bereits über einen Folgeauftrag für den Trachtenverein nach. Speziell an Gymnasiasten richtet sich etwa ein Angebot der Museumspadägogik, in dem anhand des einschlägigen Gemäldes der Reichstag zu Worms als Stegreifspiel nachgestellt wird. Zumindest die Kopfbedeckungen zu haben, bis hinauf zur Kaiserkrone, das wäre doch schön, sagt Frau Strehle. Vielleicht reicht ja das Bundesgeld auch noch dafür.