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Viel Ausrangiertes für den guten Zweck

Von Ulf Rostalsky 30.04.2008, 18:10

Gräfenhainichen/MZ. - Am Mittwoch legte er einmal mehr Hand an, koordinierte, stapelte, gab Auskunft. Im Paul-Gerhardt-Haus war da gerade die alljährliche Kleidersammlung angelaufen. Unterstützt wird mit ihr das Spangenberg-Sozialwerk.

Der eingetragene Verein mit Sitz in Helmstedt sieht sich als mildtätige und gemeinnützige Einrichtung, die mit Hilfe evangelischer Kirchengemeinden Kleidersammlungen durchführt, die nicht mehr gebrauchten Sachen selbst auf die Reise zu Bedürftigen schickt oder sie verkauft und mit dem Erlös Hilfsprojekte unterstützt. Beispiele dafür sind unter anderen die Ausbildung verarmter Landbewohner in Brasilien, die Unterstützung verarmter deutscher und rumänischer Bewohner in Siebenbürgen oder in Einzelfällen die Zuwendung an Hilfsprojekte in Deutschland. "Hilfe zur Selbsthilfe" ist Motto des Sozialwerks, dessen Ideen gerade in Gräfenhainichen seit Jahr und Tag auf große Zustimmung stoßen.

"Das ist mir schon lieber, als alles nur auf die Straße zu stellen. Hier weiß ich, dass es in die richtigen Hände kommt", erzählt Gisela Schneider. Sie hat den Schrank ausgeräumt, sich schweren Herzen von den Sachen ihres verstorbenen Mannes getrennt. "Warum soll ich alles noch behalten? So hat es wenigstens noch Sinn." Aus ähnlicher Sicht betrachtet auch Roland Weigt die Situation. Säckeweise hat er Sachen ins Paul-Gerhardt-Haus gebracht. "Vieles davon ist nagelneu, nicht einmal getragen. Auch sonst kann alles sofort angezogen werden: die Sachen, die Schuhe." Die Hand lege er dafür ins Feuer.

Auch Roland Weigt hat einen Schicksalsschlag zu verkraften. Anfang des Jahres verstarb seine Frau an Krebs. "Wir waren uns einig, dass wir in einem solchen Fall die Sachen weder lange behalten noch auf den Müll schmeißen", erinnert sich der Gräfenhainichener an eine Absprache mit seiner Frau. Die Tochter habe jetzt geholfen, die Sachen sortiert. So sei das Leben, zieht Weigt ein Resümee. Da könne einfach niemand etwas ändern. Sicher, die Trennung von den Sachen sei nicht die leichteste Angelegenheit. "Aber was sollen wir noch damit? Hier helfen sie vielleicht."

Helga Lorenz und Bruder Helmut sind alte Hasen, wenn es um die Kleidersammlung der Kirchengemeinde geht. "Man möchte es gar nicht glauben: aber jedes Mal, wenn du den Schrank durchschaust, findest du Sachen, die seit Ewigkeiten da hängen und nicht mehr angezogen werden. Das muss dann einfach weg."

Und die Leute von der Kleidersammlung würden sich schließlich auch freuen. Am Freitag besteht noch einmal die Möglichkeit, Kleidung, Schuhe oder Haushaltswäsche ins Gräfenhainichener Paul-Gerhardt-Haus zu bringen. Von 10 bis 12 sowie 15 bis 17 Uhr stehen dort die Türen offen, werden die Sachen in Plastikbeuteln angenommen. "Aber wir finden zur Not auch noch was zum Einpacken. Daran scheitert es nicht", bestätigt Andreas Friedrich.