Unfall Unfall mit Schulbus in Wittenberg: Kinder konnten Krankenhaus wieder verlassen

Wittenberg - 14 Verletzte - darunter 13 Kinder - sind die Bilanz eines Unfalls am Donnerstag gegen 7.15 Uhr an der Kreuzung Braunsdorfer Straße und Platanenweg. Verursacherin ist nach den ersten Erkenntnissen der Polizei eine Pkw-Fahrerin, die zumindest im Begriff war, die Vorfahrt des Busses zu ignorieren. Durch die Vollbremsung beider Fahrzeuge konnte zwar ein Zusammenstoß verhindert werden, doch die Kinder in dem Bus knallten durch das plötzliche Fahrmanöver mit ihren Köpfen gegen die Scheiben oder stürzten.
Von den 33 Passagieren werden 13 verletzt: neun Grund- und vier Sekundarschüler der Bildungseinrichtungen in Reinsdorf. Sie müssen in das Wittenberger Paul Gerhardt Stift eingeliefert werden. Zum Einsatz kommen sofort drei Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug.
„Glücklicherweise mussten wir keine schweren Verletzungen feststellen“, gibt Stefan Barth am Mittag Entwarnung. „Das bunte Durcheinander nach der Notbremsung hat für Abschürfungen und Prellungen gesorgt“, sagt der promovierte Kinderarzt auf MZ-Anfrage. Nach Angaben des Oberarztes im Stift reichte bei den jungen Patienten eine ambulante Versorgung aus. Eine stationäre Einweisung sei nicht notwendig gewesen. Die Eltern konnten ihren Nachwuchs aus der Klinik abholen.
„Den Kindern geht es den Umständen entsprechend gut“, berichtet Gabriela Köhler der MZ. Die Reinsdorfer Grundschulleiterin wird um 7.17 Uhr - exakt 120 Sekunden nach dem Unfall - von der Polizei informiert. Der Ersatzbus trifft mit den Nicht-Verletzten nur wenig später in Reinsdorf ein.
„An einen normalen Unterrichtstag war aber da nicht mehr zu denken“, sagt die Direktorin, die um 8 Uhr von den Beamten des Wittenberger Reviers die Liste mit den Namen der Verletzten erhält. Köhler muss den Eltern die schlechte Nachricht überbringen und weist auf Bitten der Polizei auch darauf hin, dass die Möglichkeit einer Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung besteht. Von der Option, so die Wittenberger Reviersprecherin Cornelia Dieke auf MZ-Anfrage, wird aber bisher kein Gebrauch macht.
Köhler selbst geht am Vormittag regelmäßig durch alle Klassen, um sich nach dem Befinden ihrer Schützlinge zu erkundigen. Einige stehen unter Schock oder klagen über Kopf- und Bauchschmerzen. Die Direktorin bittet daraufhin Mütter und Väter, ihr Kind vorzeitig aus der Schule abzuholen.
Unterdessen laufen die Unfall-Ermittlungen auf Hochtouren. Die 51-jährige Fahrerin, die 14. Verletzte, ist dabei keine große Hilfe. Die Frau steht unter Schock. Die 58-Jährige unverletzte Busfahrerin, die durch ihre schnelle Reaktion Schlimmeres verhinderte, kann den Beamten aber Rede und Antwort stehen.
Vor Ort soll auch die Geschäftsführerin des für die Beförderung zuständigen Unternehmens aus Zahna gewesen sein. Die Chefin steht für ein Gespräch mit der MZ allerdings nicht zur Verfügung. „Keine Stellungnahme“, lässt sie kurz und knapp ausrichten.
Fakt ist, die Kreuzung zählt nicht zu den Unfallschwerpunkten im Landkreis. Aber sie ist trotzdem eine ganz besondere. Größere Fahrzeuge, die nach rechts abbiegen, nutzen beim Einordnen regelmäßig die Geradeausspur, weil sie so besser die 90-Grad-Kehre meistern können.
Doch der Bus gehört zu den wenigen Fahrzeugen, die an dieser Stelle tatsächlich geradeaus fahren wollen und hat sich ordnungsgemäß eingeordnet, weil in Apollensdorf Nord noch Schüler an der Bushaltestelle warten. Die Suzuki-Fahrerin hat - aber das ist eine Spekulation - mit einem abbiegenden Fahrzeug gerechnet. „Zunächst übersieht die Pkw-Fahrerin den Schulbus“, heißt es dazu seitens der Polizei.
Was dann passiert, nennt der Landkreis, der die politische Verantwortung für die Schülerbeförderung trägt, in einer Pressemitteilung und im Gespräch mit der MZ offiziell „einen Vorfall zwischen einem Bus und einem Pkw“. Die Polizei schätzt das aber ganz anders ein. „Das war ein Unfall“, hat Reviersprecherin Cornelia Dieke nicht den geringsten Zweifel.
Und zwar der schwerste mit Beteiligung eines Schulbusses in den vergangenen Jahren. Aber dass die Kreisverwaltung krampfhaft das Wort Unfall in den Medien verhindern möchte, hat einen simplen Grund: Es ist der vierte innerhalb von zwei Wochen, an denen Schulbusse im Landkreis beteiligt waren. Bis Donnerstagmorgen allerdings war es bisher bei Sachschäden geblieben.
Am Mittwoch vergangener Woche in Kemberg ist der Landkreis Wittenberg haarscharf an einer Katastrophe vorbei geschrammt. Ein Schulbus ging in Flammen auf. Das Fahrzeug wurde von einem Feuer komplett zerstört. Dass trotzdem kein Mensch zu Schaden kam, ist dem umsichtigen und schnellen Handeln des Fahrers zu verdanken. Der Bus war gerade auf der B2 unterwegs, auf dem Weg zum Schulzentrum. Als der 46-jährige Fahrer gewarnt wurde und Brandgeruch wahrnahm, verließ er sofort die Bundesstraße, stoppte das Fahrzeug, öffnete die Türen und forderte die elf Schüler auf, den Bus sofort zu verlassen.
Offenbar keinen Moment zu spät, wenig später brannte der Schulbus. Die Kinder blieben unverletzt. Der entstandene Schaden ist beträchtlich, er soll sich nach Angaben der Polizei auf rund 100.000 Euro belaufen. Zu den Ursachen gibt es keine neuen Erkenntnisse, erklärt Wolfdietrich Vetter am Donnerstag auf MZ-Anfrage. Nach Angaben des Chefs des Busunternehmens habe es sich um einen technischen Defekt gehandelt. (mz)