1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Nach Aus vom Science Center in Wittenberg: Wie geht es SKW Piesteritz?

Stickstoffwerke in Wittenberg Nach Aus vom Science Center: Wie geht es den SKW Piesteritz wirtschaftlich?

Gerade haben die SKW Piesteritz den Besucherverkehr des Futurea Science Centers in Wittenberg eingeschränkt. Das Unternehmen führt wirtschaftliche Gründe an. Wie geht es den Stickstoffwerken?

Von Marcel Duclaud Aktualisiert: 07.11.2024, 17:04
Schulklassen, hier ist es der Jugendklub aus Elster, können sich auch weiterhin im Futurea Science Center anmelden.
Schulklassen, hier ist es der Jugendklub aus Elster, können sich auch weiterhin im Futurea Science Center anmelden. (Foto: Hoffmann)

Wittenberg/MZ. - Wittenberg ist nicht nur ein historisch interessanter Standort, sondern auch einer mit modernen Unternehmen. Zum Beispiel in der Chemieindustrie. Das wird nicht nur am Rande der Stadt deutlich, wo die Anlagen breiten Raum einnehmen, sondern seit Jahren auch in der Altstadt, zentral am Marktplatz. Dort hat der Düngemittelproduzent SKW Piesteritz in guten Zeiten ein Renaissance-Haus sanieren lassen und das so genannte „futurea Science Center“ eingerichtet.

Science Center: SKW Piesteritz führt wirtschaftliche Gründe an

Das Haus, heißt es in der Werbung, stehe jedem Besucher offen und gewähre einen Einblick in die Welt der Wissenschaft. Besucher erfahren, „welchen Einfluss Chemie schon immer auf unser Leben hatte und in Zukunft haben wird. Warum ist Stickstoff so wichtig? Weshalb gab es immer weniger Hungersnöte und wieso braucht moderner Umweltschutz unbedingt Chemie?“

Lesen Sie auch: SKW Piesteritz will klimafreundlicheres Ad Blue produzieren - Warum dafür die Ukraine wichtig ist

Fragen, die sich zumindest dort und für jeden, der es wissen möchte, nicht mehr so einfach beantworten lassen. Das Haus und seine Ausstellung sind vor wenigen Tagen plötzlich und ziemlich überraschend geschlossen worden. Das hat das Unternehmen in einer Pressemitteilung öffentlich gemacht. Dort ist von der Einschränkung des regulären Besucherverkehrs bis auf Weiteres die Rede und zudem von wirtschaftlichen Gründen.

Was das konkret heißt, dazu äußert sich Unternehmenssprecher Christopher Profitlich auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung zumindest teilweise. Eingeschränkt bedeutet nach seinen Worten, dass keine Öffnungszeiten für die „Laufkundschaft“ mehr angeboten werden. Schulklassen können sich aber nach wie vor anmelden und erhalten einen Termin für den Besuch, versichert Profitlich.

Zu der Frage, wie lange das so bleibt und ob das Science Center in absehbarer Zeit wieder den regulären Betrieb aufnehmen wird, sagt der Sprecher: „Das weiß ich nicht, bis auf Weiteres eben.“ Was das Personal betrifft, das sich um Einlass und Aufsicht kümmert, sei SKW Piesteritz nicht zuständig: „Von uns kommt das Investment, aber wir betreiben das futurea Science Center nicht.“

SKW Piesteritz nennt wirtschaftliche Probleme: "Die Lage ist nicht gut"

Angesprochen auf die Gründe für die Entscheidung, die auch als symbolisch verstanden werden kann, sagt Profitlich: „Es versteht jeder, wenn wir wirtschaftliche Gründe anführen. Die Lage ist nicht gut. Das sagen wir die ganze Zeit.“ Dass es nicht allein in der energieintensiven Chemiebranche erhebliche Probleme gibt, zeige das Beispiel Volkswagen, wo gegenwärtig über Entlassungen oder das Schließen von Werken geredet werde.

Der Sprecher des Wittenberger Unternehmens betont einmal mehr: „Wir wollen keine Subventionen, aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen.“ Es werde, fügt er hinzu, „ein böses Erwachen geben“, wenn die Politik weiter „den Schlaf der Gerechten schlafe“.

Auch interessant: So genießt der ehemalige SKW-Chef Rüdiger Geserick seinen Ruhestand

Die Schließung oder besser die zeitweise Einschränkung des Besucherverkehrs im Science Center sei jedenfalls „ein klares Symptom für die Lage, in der wir uns befinden. Wir machen das nicht gerne.“

"Realitätsfremde Wirtschaftspolitik": SKW Piesteritz wünscht sich andere Rahmenbedingungen

Profitlich spricht von einer „realitätsfremden Wirtschaftspolitik“. Wenn sich die Regierung entscheide, angesichts des Überfalls auf die Ukraine kein günstiges russisches Gas mehr einzukaufen, sei das okay. Nur dürfe dann nicht toleriert werden, „dass Russland seine gasbasierten Produkte in den Markt presst und damit andere Produkte aus dem Markt drängt“.

Und wenn, führt der SKW-Sprecher ein weiteres Beispiel an, Unternehmen zunehmend Geld ausgeben müssen, um CO2-Zertifikate zu erwerben, dann fehle dieses Geld leider bei der angestrebten grünen Transformation.

Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör stimmt es „sehr nachdenklich, dass sich die SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH aufgrund der aktuellen Umstände dazu entschlossen hat, die Besuchsmöglichkeiten“ einzuschränken. Dies sei ein nachvollziehbarer Schritt und zeige, „dass wir uns in einer Wendezeit befinden, die – mindestens temporär – harte Schnitte und Veränderungen einfordert“.

Die Stadt, versichert Zugehör, werde SKW im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin bei den Bemühungen um eine klimaneutrale Produktion als verlässlicher Partner unterstützen: „Dies ist richtungsweisend für unsere heutige Zeit, die Zukunft des Unternehmens und unsere Stadt.“