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Schausteller und Weltausstellung Schausteller und Weltausstellung: Dem Himmel so nah im Riesenrad

Von Irina Steinmann 22.05.2017, 09:56
Enrico Sperlich (Mi.), mit den Pfarrern Torsten Heinrich (li.) und Ralf Radix
Enrico Sperlich (Mi.), mit den Pfarrern Torsten Heinrich (li.) und Ralf Radix Thomas Klitzsch

Wittenberg - Gottes Segen hat es schon lange, seit 2011, das ist gut zu wissen, wenn es sanft, aber doch ganz zart schaukelnd himmelwärts geht. Immer kleiner werden die Häuser, werden zu Häuschen, dafür geht der Blick jetzt weit über die Elbe. Zeit, den roten Haltegriff vielleicht doch mal loszulassen und innezuhalten. „Zwischen Himmel und Erde“ scheint ein guter Ort dafür.

„Das Thema passt“, findet auch Enrico Sperlich, der am großen Rad zur Weltausstellung dreht. Sperlich, Schausteller aus Elster, ist der Betreiber des Riesenrades, das den Wittenbergern seit seiner Inbetriebnahme 2011 bestens bekannt ist, alljährlich steht es ja auf ihrem Weihnachtsmarkt.

Nie größer als die Kirchen, das findet Sperlich wichtig, der von sich sagt, dass er „natürlich“ Christ sei. „Das Fundament muss stimmen.“ Das gilt im übertragenen wie auch im konkreten Sinn, wenn man wie er Menschen 30 Meter hinaufbefördert, weg aus ihrem Alltag.

Die Präsenz bei der Weltausstellung Reformation, die am Samstag in Wittenberg eröffnet wurde, ist für die Sperlichs, Zirkusleute bzw. Schausteller in der „fünften, sechsten Generation“ natürlich das Ding. Schon vor Jahren habe er die Idee gehabt, sich mit seinem Angebot einzubringen bei den Feierlichkeiten, dass man dann sogar auf ihn zukam, umso schöner.

„Das soll ja nicht einfach eine Karussellfahrt sein“, bringt Sperlich die Sache auf den Punkt. Sein Riesenrad ist, wenn man so will, das Herz der Evangelischen Seelsorge, die sich hier zwischen Leucorea und früherer Musikschule darstellt.

In wöchentlichem Wechsel werden sich deren einzelne Bereiche - 25 sind es - im Pavillon neben dem großen Rad einfinden und bei Bedarf, ja, auch Seelsorge in luftiger Höhe leisten. Alternativ, erläutert Pfarrer Ralf Radix, der bei den Aufbauarbeiten mit vor Ort war, wären natürlich auch entsprechende Spaziergänge durch die benachbarten Grünanlagen möglich... Oder ganz klassisch in einem kirchlichen Raum.

Enrico Sperlich, der sonst im Sommer mit seinem Nostalgie-Riesenrad durch die gesamte Republik tourt und am Wochenende gerade das Schweriner Hafenfest hat sausen lassen, freut sich über seine Zeitzeugenschaft. So etwas wie 2017 „erlebt man nur einmal im Leben“, sagt er nachdenklich.

In den kommenden Wochen werden sich nun voraussichtlich vorrangig Christen von ihm gen Himmel befördern lassen und wieder hinab auf festen Grund, anschließend geht für die Sperlichs der Alltag weiter, sechs Wochen NRW, und dann, zum Abschluss, natürlich wieder Wittenberg, das Riesenrad zum Weihnachtsmarkt vor der Silhouette der Stadtkirche. Erstaunlich, wie sich manches so gut zusammenfügt im Leben.

Zusammengefügt wird irgendwann im Juli hoch oben auf Enrico Sperlichs Riesenrad übrigens auch ein ganz privates Bündnis: Zwei Menschen heiraten. Dass der männliche Part just der in der evangelischen Kirche für die Schausteller in Deutschland zuständige Torsten Heinrich ist, dürfte kein Zufall sein.

Getraut wird der Pfarrer vom Oberbürgermeister, also standesamtlich. Möglicherweise, sagen Radix und Heinrich, werde es dort oben weitere Eheschließungen geben. Wenn sich wer traut. (mz)